Auf dem kirchlichen Friedhof an der Uetzer Straße ist ein Blumendieb unterwegs. Gestohlen werden einzelne Pflanzen, aber es kann auch passieren, dass frisch bepflanzte Gräber regelrecht abgeräumt werden. Das gehe jetzt schon mehr als einen Monat so, sagt Elisabeth Zywiolwek von der Friedhofsverwaltung der St.-Pankratius-Gemeinde. „Immer wenn Pflanzzeit ist, häufen sich zwar die Diebstähle, doch in diesem Jahr wird massiv gestohlen.“
Um die Gräber zu plündern, nutzt der Dieb offenbar nicht den Schutz der Dunkelheit. „Das passiert definitiv am Tag“, sagt Zywiolwek. Der Täter fühle sich offenbar sicher, weil andere Friedhofsbesucher in der Regel nicht erkennen können, ob jemand ein Grab neu bepflanze oder gerade die Blumen stehle, sagt die Friedhofsverwalterin und berichtet von einem Vorfall vor wenigen Tagen. Ihr Ehemann, Friedhofsleiter Peter Zywiolwek, hat morgens Grabstätten gegossen. Als der 1000-Liter-Tank leer war, fuhr er zum Auffüllen. Eine Stunde später kehrte er auf den Friedhof zurück, um weiter zu gießen, wo er aufgehört hatte. Doch als er zu dem frisch bepflanzten Grab kam, staunte er nicht schlecht: Es war in der Zwischenzeit abgeräumt worden.
Nach Elisabeth Zywiolweks Beobachtungen sucht der Dieb – möglicherweise sind es auch mehrere – gezielt nach Pflanzen, die ihm gefallen und frisch sind. Was der Täter damit anstellt, weiß bislang keiner. Allerdings erinnert sie sich an eine Diebstahlserie vor mehreren Jahren: „Damals haben wir tatsächlich eine Diebin erwischt, die die gestohlenen Pflanzen auf Wochenmärkten verkaufte.“
Ein Aushang in den Glaskästen an beiden Friedhofseingängen weist auf die vermehrten Diebstähle hin. „Sollten Sie auffällige Beobachtungen machen, sprechen Sie die Person bitte an oder wenden Sie sich an das Friedhofspersonal“, heißt es dort. Sie habe Geschädigten auch geraten, den Diebstahl bei der Polizei anzuzeigen, berichtet Zywiolwek. Doch die meisten seien skeptisch: „Das bringt doch nichts“ sei die häufigste Antwort, die sie bekomme.
Von einer Diebstahlserie auf dem Friedhof sei der Polizei bislang nichts bekannt, sagt Stefan Bente vom Kriminalermittlungsdienst in Burgdorf auf Nachfrage. Er vermutet, dass die Diebstähle wegen des geringen Schadens nicht angezeigt würden. „Um das Materielle geht es auch nicht“, sagt Zywiolwek. Es gehe um den emotionalen Schaden. „Der Diebstahl tut den Hinterbliebenen regelrecht weh.“ Deshalb sind für die Friedhofsverwalterin die Vorfälle nicht nur Diebstähle, sondern erfüllen auch den Straftatbestand der „Störung der Totenruhe“.
Von Anette Wulf-Dettmer