Zuletzt wollten sie es gar nicht mehr wahrhaben. Die Schließung des Kaliwerks Sigmundshall ist schon so lange im Gespräch, dass manch einer kaum noch daran glaubte. Dass nun das Aus doch noch früher kommt als zuletzt gemunkelt wurde, hat viele dann doch wieder kalt erwischt.
Nun stehen tiefe Einschnitte bevor, die Verunsicherung ist groß, zumal Informationen nur Stück für Stück eintröpfeln. Im November 2017 hat die Konzernleitung das Ende des bisherigen Betriebs für Ende 2018 angekündigt. „Seitdem sind wir nicht viel schlauer geworden, wie es weitergeht“, sagt Vanessa Schön, deren Mann im Werk arbeitet. Sie hat das Abwarten satt, sucht das Gespräch mit Kollegen und mit Außenstehenden. Wie viele andere auch: „Solidarität mit Sigmundshall“, heißt eine Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook, die nach wenigen Wochen schon mehr als 1000 Mitglieder zählt. Bei einem Treffen im Bergbaumuseum in Hagenburg tauschen sich die Kollegen aus, auch die SPD-Landtagsabgeordnete Wiebke Osigus ist dazugekommen.
Insbesondere auf den Sozialplan warten die Bergleute jetzt dringend. Der ist auch überfällig: In elf Verhandlungsrunden sind Betriebsrat und Werksleitung nicht überein gekommen, nun soll eine Einigungsstelle helfen. Strittig sind vor allem die Abfindungszahlungen. Das heißt: Wer selbst kündigt, weiß nicht, was ihm dann entgeht. 220 von rund 700 Mitarbeitern können noch einige Jahre weiter im Werk arbeiten, etwa 100 haben neue Jobs in anderen Werken des Unternehmens gefunden.
Etwa 70 bis 80 Bergleute gehen außerdem in Rente – regulär oder frühzeitig, wie etwa Michael Heinisch mit seinen 55 Jahren. Dank Knappschaftsleistungen kann er die Zeit bis zur Bergmannsrente mit 62 überbrücken, aber: „Ich hätte lieber noch weiter gearbeitet.“ Für viele andere Kollegen hat der Betrieb zuletzt Fahrten zu anderen Werken organisiert, sie seien anschließend gedrängt worden, sich binnen weniger Tage für die mögliche neue Stelle zu entscheiden, berichten die Bergleute. „Da gab es aber Abstriche bei den Lohngruppen“, berichtet ein Bergmann aus der Gesprächsrunde.
Das gibt der neue Werksleiter Gereon Jochmaring auf Nachfrage zu: „Wir mussten da ein wenig Druck ausüben, damit wir bald Klarheit haben, wen wir in die Sozialauswahl überhaupt noch aufnehmen müssen.“ Denn dieser Prozess stehe noch bevor, wer vorab eine andere Stelle habe, mache letztlich Platz für andere. „Wir müssen jetzt auch aufpassen, dass es da nicht zu Mißstimmungen zwischen den Bergleuten kommt“. sagt Jochmaring, „am Ende ist sich dann doch jeder selbst der nächste.“
Bis Ende Juli hoffen Betriebsrat und Werksleitung auf eine Einigung zum Sozialplan, ebenfalls bis Ende Juli werden die Kündigungen verschickt – voraussichtlich an mehr als 300 Mitarbeiter.
Von Kathrin Götze