In einem förmlichen Brief, der der HAZ vorliegt, appelliert Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), die finanzielle Hilfe zu erhöhen. Das Schreiben hat Schostok mit dem Harburger Landrat Rainer Rempe (CDU) verfasst, der gleichfalls gegen ein Millionendefizit ankämpft. „Wir appellieren an Sie (Stephan Weil; d. Red.), zeitnah eine spürbare Verbesserung zugunsten Ihrer Landeshauptstadt sowie des Landkreises Harburg zu erreichen“, heißt es in dem Brief, der bereits Ende November abgeschickt wurde. Reagiert hat die Landesregierung bisher nicht. Das Innenministerium prüfe die Möglichkeiten für eine Lösung, heißt es auf Nachfrage aus der Staatskanzlei.
„Wir verlieren allmählich die Geduld“, sagt Johannes Freudewald, Sprecher des Landkreises Harburg. Seit geraumer Zeit weise man auf die Probleme hin, stehe aber vor verschlossenen Türen. Mit Kritik an seinem Parteigenossen Weil hält sich Schostok zurück. „Oberbürgermeister Stefan Schostok ist an einer konstruktiven und langfristig tragfähigen Lösung interessiert“, teilt Stadtsprecher Andreas Möser mit.
Hannover hat im vergangenen Jahr 153 Millionen Euro für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ausgegeben. Gebäude wurden gemietet, zusätzliches Personal eingestellt und Verträge mit Flüchtlingsheimbetreibern geschlossen. Zudem hat die Stadt Gebäude gekauft und Containerdörfer errichtet, etwa auf dem Waterlooplatz, um weitere Kapazitäten zu schaffen. Das macht noch einmal 75 Millionen Euro aus. Erstattet bekommt Hannover aber voraussichtlich etwas mehr als 80 Millionen Euro.
In seinem Brief an Weil rechnet Schostok vor, dass die Kopfpauschale des Landes bei Weitem nicht ausreicht - trotz Erhöhung von 9500 auf 10.000 Euro jährlich pro Flüchtling. „Unter Berücksichtigung sämtlicher Aufwendungen ergeben sich in Hannover Kosten von jährlich rund 20.000 Euro je Flüchtling“, schreibt Schostok. Das hänge damit zusammen, dass in einem Ballungsraum die Unterkunftskosten höher lägen als in ländlichen Regionen. Zudem habe die Stadt wegen der Wohnungsknappheit eigene Heime schaffen müssen.
Da in diesem Jahr deutlich weniger Flüchtlinge untergebracht werden müssen, stehen mehrere Unterkünfte in Hannover bereits leer, darunter der Deutsche Pavillon. 5,5 Millionen Euro hat die Stadt für die sanierungsbedürftige Immobilie bezahlt. Auch in Harburg kämpft man mit Überkapazitäten. 3 bis 4 Millionen Euro pro Jahr koste es, leer stehende Heime zu erhalten, sagt Kreissprecher Freudewald.