Das, so Staatsanwalt Wilfried Stahlhut, sei „eine ganze Menge Holz“. Nach knapp zwei Monaten in Untersuchungshaft ist der Mann zwischenzeitlich wieder auf freiem Fuß. Wegen gewerbsmäßigen Schmuggels hat ihn das Amtsgericht in Bückeburg jetzt zwar zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung aber zur Bewährung ausgesetzt. Richter Dirk von Behren sieht in dem Bauhelfer ein eher kleines Rädchen im Getriebe.
Wirtschaftliche Not als Motiv
„Er hat sich als Bote missbrauchen lassen, während die Hintermänner in Polen sitzen“, erklärte von Behren. „Den Letzten beißen die Hunde.“ Als Motiv gilt wirtschaftliche Not: „Der Angeklagte wollte seine Familie über Wasser halten und nicht seine Luxus-Yacht finanzieren“, hieß es. Eine solche Yacht gibt es nämlich nicht. Der Bauhelfer hat nicht einmal ein geregeltes Einkommen. Für Bewährung sprachen mehrere Gründe. So war der 28-Jährige bis zum Prozess nicht vorbestraft. In Polen hat er einen festen Job in Aussicht, ist verlobt und Vater eines zweijährigen Jungen. Auch sei der Steuerschaden „nur marginal, weil die Zigaretten nicht in Umlauf geraten sind“.
Das Justizgebäude verließ der Angeklagte als freier Mann, nachdem er den Gerichtssaal in Handschellen betreten hatte, begleitet von mehreren Wachtmeistern. „Die Untersuchungshaft hat ihn beeindruckt“, stellte Richter von Behren fest. Wie in Deutschland mit Zigarettenschmugglern verfahren werde, solle sich „in Polen ruhig herumsprechen“.
Festnahme an Raststätte Auetal-Nord
An jenem 20. März war der 28-Jährige in Richtung Dortmund unterwegs. Festgenommen wurde er auf der Rastanlage Auetal-Nord. Weil im Auto gefälschte Kennzeichen lagen, erschien zusätzlich eine Strafe wegen Urkundenfälschung denkbar. Dieses Verfahren stellte das Gericht jedoch vorsorglich ein. Der Grund: Eine entsprechende Verurteilung wäre kaum weiter ins Gewicht gefallen. Im Fahrzeug lag außerdem ein Funkgerät, damit der Bote mit einem vorausfahrenden Begleitfahrzeug in Kontakt bleiben konnte.
Bundesweit ist etwa im Jahr 2014 durch Zigarettenschmuggel ein Steuerschaden von bis zu 1,5 Milliarden Euro entstanden. Davon geht der Deutsche Zigarettenverband (DZV) mit Sitz in Berlin aus. Dieser Schätzung liegt eine Menge von rund 8,2 Milliarden geschmuggelten oder gefälschten Glimmstängeln zugrunde. Fast die Hälfte, nämlich 46 Prozent, kämen aus Polen und Tschechien. ly