Autofahrer aus Lippe fährt gegen Tor des Bundeskanzleramts

Die Polizei macht ein Geheimnis aus der Identität des Autofahrers, teilt lediglich mit, der in Gewahrsam genommene Autofahrer sei 54 Jahre alt. „Weitergehende Angaben zur Person oder zum Wohnort machen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht“, sagt eine Polizeisprecherin in Berlin auf Nachfrage. Nach Recherchen der Deister- und Weserzeitung handelt es sich um einen Mann aus einem winzigen Dorf bei Bad Salzuflen. Heinrich H. soll früher „psychisch auffällig“ gewesen sein, behaupten Menschen, die ihn kennen. Die Sicherheitsbehörden prüfen derzeit, wie es um den Gesundheitszustand des Autofahrers bestellt ist. „Ob ein psychologischer Hintergrund oder eine andere Motivationslage ursächlich für das Ereignis gewesen sein könnten, ist nun Bestandteil der Ermittlungen, die in alle Richtungen geführt werden“, teilte die Berliner Polizei mit. Mit geringer Geschwindigkeit unterwegs: Vermutlich hat Heinrich H. wieder einmal die große Bühne gesucht, um seine Botschaften, die er an das Fahrzeug geschrieben hat, über die Medien zu verbreiten. Auf der Fahrerseite des Autos steht: „Ihr verdammten Kinder- und alte Menschen-Mörder.“ Auf der Beifahrerseite heißt es: „Stop der Globalisierungs-Politik.“ Der Mann wollte offenbar keinen großen Schaden anrichten. Er sei mit „sehr geringer Geschwindigkeit gefahren“, sagte Thilo Cablitz von der Polizei Berlin – und fügte hinzu: „Am Tor und an dem Fahrzeug ist deshalb auch nur sehr geringer Sachschaden entstanden.“ Spekuliert wird, ob die Aktion im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Politik gegen die Corona-Pandemie stehen könnte. Der Vorfall hat sich während der laufenden Sitzung des Bundeskabinetts ereignet. Es tagt in der Regel mittwochmorgens im Kanzleramt. 2014 bestand kein Verdacht auf einen Anschlag: Schon im Februar 2014 war der damals 48 Jahre alte Mann mit demselben Auto gegen den Zaun des Kanzleramts gefahren. Auch damals heischte er offenbar um Aufmerksamkeit. Auf der linken Seite stand: „Nicole, ich liebe dich“, auf der anderen Seite: „Schluss mit dem Menschen tötenden Klimawandel.“ Auch damals wurde der Mann von Polizisten vorläufig festgenommen. Die Staatsanwaltschaft soll letztlich ein Verfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet haben. Das zeigt, dass seinerzeit kein Anschlag vermutet wurde. Die Ermittlungen im aktuellen Fall hat der polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamts übernommen. Zum Motiv der Aktion konnte das Lagezentrum der Polizei Berlin auch am Abend auf Nachfrage der Dewezet keine Angaben machen. Der 54-Jährige aus dem Kreis Lippe war zunächst von der Bundespolizei, die für den Schutz des Bundeskanzleramts zuständig ist, in Gewahrsam genommen und befragt worden. Heinrich H. blieb unverletzt – er hatte einen Rollstuhl dabei, kann aber auch gehen. Später nahmen die Polizei Berlin und der Staatsschutz des LKA Ermittlungen auf. Heinrich H. soll Angaben gemacht haben. Was er gesagt hat, verrät die Polizei nicht – aus taktischen Gründen. von Ulrich Behmann und Andreas Rabenstein

Autofahrer aus Lippe fährt gegen Tor des Bundeskanzleramts - zum zweiten Mal