Hameln-Pyrmont: Nicht alle Pfleger zur Impfung bereit

„270 Impfungen an einem Tag“ – Personal wie Patienten. Eine große organisatorische Leistung sei das in ihrem Haus in der vergangenen Woche gewesen, sagt Angelika Rudolf, Heimleiterin der Julius-Tönebön-Stiftung an der Weser. Anfang Februar steht die zweit Runde an. „Und alle haben die Impfung gut verkraftet“, sagt die Heimleiterin und schließt dabei sich selbst ein. „Viel besser als bei der Grippeschutzimpfung.“ Bei manchen Mitarbeitern überwog dennoch die Skepsis: 65 Prozent ließen sich bei ersten Gelegenheit impfen, ein gutes Drittel verzichtete. Ähnlich das Bild im Seniorendomizil Riepenblick in Wangelist. Zwei Drittel der Belegschaft sind laut Geschäftsführer Sven Jösting inzwischen geimpft. Die meisten derer, die nicht vorbehaltlos ja sagen zur Impfung, sind laut Jösting zurückhalten, „weil sie noch mal schwanger werden möchten“ (siehe Infokasten). Ihre Vorsicht kann er nachvollziehen, doch als Arbeitgeber „würde man sich wünschen, dass sich alle impfen lassen“. Vielleicht waren vor ein paar Wochen einfach noch nicht so viele Informationen bei den Menschen angekommen, meint Jösting. So sieht es auch Tönebön-Heimleiterin Angelika Rudolf. „Tendenz steigend“, sagt sie über die aktuelle Impfbereitschaft ihrer Mitarbeiter. Manche seien jetzt für den Pieks in den Arm zu gewinnen, die es vor einigen Wochen noch nicht waren. Ihnen wird jetzt nur der Gang ins Impfzentrum bleiben. Persönliche Erfahrungen dürften beim Meinungsumschwung neben dem Informationsstand den Ausschlag geben. „Die Einschläge kommen näher“, sagt Angelika Rudolf. Lesen Sie auch: Online-Konferenz in Nenndorf: So komplex ist das Thema Corona-Impfung Viele Impfungen im Sana-Klinikum: Was „Einschläge“, also Infektionen, im persönlichen Umfeld bedeuten, wissen die Mitarbeiter und Patienten des Altenpflegeheims St. Monika nur zu gut. Dutzende Infektionen von Patienten und Pflegenden, auch Todesfälle unter den Betreuten, prägten das Leben und Arbeiten in dem Haus an der Hamelner Vizelinstraße seit Dezember. „Wir sind nun fast durch“, meldet Leiter Michael Jungnitz jetzt immerhin. Eine Heimbewohnerin sei noch für einige Tage in Quarantäne und stehe unter Beobachtung, ansonsten ist das Haus nun wieder coronafrei. Impfskepsis aber ist dort kaum ein Thema. Wer nicht ohnehin nun bereits ein ehemaliger Infizierter sei, lasse sich in der Regel Impfen. Mit 95 Prozent gibt Jungnitz die Quote in dieser Gruppe an. Wer so ein Corona-Erlebnis gehabt habe, „der guckt da ganz anders drauf“, meint der Einrichtungsleiter. Auch im Sana-Klinikum, wo seit dem Frühling 2020 immer wieder Corona-Patienten behandelt werden, ist die Impfbereitschaft offenbar hoch. Das Angebot werde sehr gut angenommen, meldet Sprecherin Natalie Arnold. „Wir haben aktuell mehr impfwillige Mitarbeiter als Impfstoff.“ Aufklärung ist das A und O: Dr. Axel Rojczik, Internist und Vorsitzender des Hamelner Ärztevereins, hat „im Prinzip nichts dagegen“ und meint damit eine Verpflichtung, sich impfen zu lassen. Allerdings hält er sie „im Moment“ weder für notwendig noch für sinnvoll angesichts der Fallzahlen und der Sterblichkeit. Würde die Lage dramatischer, könnte das diskutiert werden, doch derzeit sei das „politisch nicht drin“. Eine eindeutige Haltung pro oder kontra Impfpflicht hat der Arzt für sich noch nicht entwickelt. Er selbst würde sich impfen lassen, würde aber von seinen Angestellten in der Praxis nicht verlangen, dass sie das auch tun. Doch dort, am Posthof, schätzt Rojczik die Impfbereitschaft der Mitarbeiterinnen ohnehin sehr hoch ein. „Nahezu 100 Prozent.“ Aufklärung ist in diesem Zusammenhang das A und O, findet Jan-Gottfried Wiedel, Apotheker aus Bad Pyrmont. „Bevor wir über eine Impfpflicht reden, muss mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden“, fordert er. Umfassend zu informieren sei versäumt worden, obwohl dafür seit dem Sommer Zeit gewesen wäre. Er selbst gehöre zu den Fachkreisen, die auf eigene Faust viel recherchiert hätten und deshalb gut informiert seien, aber das ist nach seinen Schilderungen von der normalen Bevölkerung nicht zu verlangen. Der nicht ausreichenden Information über die Impfstoffe stehen dann auch noch die „Fehlinformationen“ von Impfgegnern gegenüber, die in Briefkästen landeten. Dem müssten ausreichend und umfassend andere Informationen gegenüberstehen, so Wiedels Haltung. Seine Apotheke betreut auch Altenheime – Infomaterial hat Wiedel selbst zusammen- und bereitgestellt. Lesen Sie auch: Niedersachsen hat im Januar 40 Prozent weniger Impfstoff bekommen als geplant von Birte Hansen-Höche und Frank Henke