Preise für Schweine fallen weiter: Schwierige Situation für Landwirte

Krisen hat Jörg Bödecker schon mehrere mitgemacht, doch ein so langes, ausgeprägtes Preistief wie jetzt hat er noch nicht erlebt. „Die Gesamtsituation ist eine Katastrophe“, sagt der Schweinebauer aus Hilligsfeld. Eng wurde es im Schweinestall bereits im Sommer, als der Schlachtbetrieb Tönnies wegen Coronainfektionen schließen musste. Nun verschärft der erneute Lockdown den Stau im Schweinestall. „Weihnachtsmärkte, Gastronomiebetriebe, alle, die sonst Fleisch abnehmen, kaufen nicht mehr.“ Was im Sommer die Grillsaison ein klein wenig aufgefangen hätte, komme jetzt komplett zum Erliegen. 120 Euro bekommt Bödecker momentan für sein Schwein, das im vergangenen Jahr 180 Euro gekostet habe. Das macht im Monat rund 15 000 Euro weniger in der Kasse. Verdienen tue er momentan nichts, sagt Bödecker. 75 Cent pro Kilo: Und doch ist er froh, dass er seine Schweine überhaupt los wird. „Wir haben einen Vermarktungsvertrag mit Tönnies, dadurch werden unsere Schweine, wenn auch zeitversetzt, wenigstens noch geholt.“ Für die rund zehn Kilo mehr, die das Schwein sich während des Wartens auf den Viehhändler anfrisst, bekommt Bödecker nicht etwa mehr Geld, er muss Abzüge hinnehmen. Vorgeschrieben ist ein Gewichtskorridor von rund 120 Kilo. Bödecker berichtet von Kollegen, die für ihre Schweine nur noch einen Preis von 75 Cent pro Kilo bekommen haben. Das nächste Problem: Bei vielen Landwirten passen die Tiere nicht mehr in die Ställe. Mehr als 600 000 Schweine stauen sich derzeit bei den Bauern, berichtet der Deutsche Bauernverband. Bis Weihnachten könnten es eine Million werden. Lesen Sie auch: „Schweinestau“ in Schlachthöfen – Finstere Zeiten für Bauern Bauern zeigen sich selbst beim Veterinäramt an: Bödecker berichtet von Bauern, die sich selbst beim Veterinäramt angezeigt haben, weil sie dem Tierrecht nicht mehr gerecht werden könnten. Die Interessenvertreter der Landwirte würden empfehlen, aus jeder Box erst mal zwei bis drei größere Schweine herauszunehmen, „aber das bringt die Bauern nicht wirklich weiter.“ Besonders gekniffen seien momentan die Ferkelerzeuger, sie bekämen nur noch knapp die Hälfte des eigentlichen Preises, den der Mäster zahlt, nämlich rund 22 Euro. „Ich habe schon von Fällen gehört, in denen Ferkel für acht Euro an den Mäster abgegeben wurden“, sagt Bödecker, der seine Ferkel selbst produziert und mästet. Schweinepest wird zum Problem: Neben Corona macht die Afrikanische Schweinepest den Landwirten zu schaffen: Der Export nach China ist seit einigen Monaten massiv eingebrochen. Und dass der Hauptabnehmer nun selbst massiv anfängt, Ställe zu bauen, stimmt Bödecker auch nicht gerade zuversichtlich. „Das, was da gebaut wird, sind Schweinehochhäuser, das ist eine ganz andere Liga. Die geben Gas.“ In Deutschland, wo die Bauern sich stattdessen mit strengeren Auflagen auseinandersetzen müssen, werde sich der Bestand weiter verringern, „da bin ich fest von überzeugt.“ Wenn man ihn fragt, ob ihm Corona oder die Auflagen mehr Kummer bereiten, gibt er eine deutliche Antwort: „Die Auflagen“ (wir berichteten). „Corona überstehen wir“, glaubt der Landwirt. Auch wenn wir zur Zeit nichts verdienen, da gibt es wenigstens Licht am Ende des Tunnels.“ Dauerhaftere Sorgen bereiten ihm die strengen Regeln für die Sauenhaltung: „Die Kastenstände, die in Deutschland abgeschafft werden, werden von den Polen aufgekauft.“ Auch für die Ferkelerzeuger lohne es sich kaum noch. Die kämen günstiger per Lkw aus Spanien, Holland und Dänemark. „Ob das der große Wurf ist?“, fragt Bödecker. Dennoch: Auch durch Corona werde es einige Betriebe geben, „die sicher vor die Wand fahren“. Bei denen, die hohe Investitionen getätigt hätten, werde es nicht mehr, funktionieren, ist Bödecker überzeugt. „Wir haben Glück, dass unsere Ställe schon bezahlt sind. Vor zwölf Jahren in dieser Situation hätte es düster ausgesehen.“ Lesen Sie auch: Afrikanische Schweinepest: Auch Landwirte in Schaumburg zeigen sich besorgt von Dorothee Balzereit

Weserbergland: Preise für Schweine fallen weiter - Landwirte in schwieriger Situation