Burgwedel: Angriff auf Polizisten nach Hochzeitsfeier

Ein 34-Jähriger, der nach einer Hochzeitsfeier in Großburgwedel sturzbetrunken einen Polizisten attackiert hatte, ist vor dem Amtsgericht mit einer verhältnismäßig milden Geldstrafe davongekommen. Dabei halfen ihm ein Aktenvermerk eines Polizisten – und auch der eigene Alkoholisierungsgrad in jener Nacht im Juni 2019. Angeklagter berichtet von „Filmriss“: Der Hannoveraner war damals bei einer Hochzeit in einem Restaurant der gehobenen Preisklasse zu Gast gewesen. Die Feiernden machten die Nacht zum Tage, irgendwann hatte der 34-Jährige dann augenscheinlich genug: Bei rund 2,6 Promille hatte sein Blutalkoholwert zu diesem Zeitpunkt gelegen, das ließ sich später aus den Blutproben zurückrechnen. Was dann passiert war, daran konnte sich der Angeklagte angeblich nicht mehr erinnern. „Ich hatte einen kompletten Filmriss“, gab der selbstständige Koch zu Protokoll. Erst im Polizeigewahrsam sei er wieder zu sich gekommen, habe dann aber überhaupt nicht deuten können, warum er dort in der Zelle steckte – und nicht im Hotelzimmer, in dem er eigentlich hatte übernachten wollen. Platzverweis der Polizei bleibt unbeachtet: Im Prozess blieb es also anderen vorbehalten, das Geschehen zu schildern. Ein 28-Jähriger, der nur einen Steinwurf vom Restaurant entfernt wohnt, sagte als Zeuge aus. Er schilderte, wie ihn der nun Angeklagte – offenbar auf der alkoholvernebelten Suche nach seinem Hotelzimmer – in jener Nacht aus dem Bett geklingelt hatte. „Er war hoch aggressiv und beleidigte mich sofort.“ Auch fremdenfeindliche Äußerungen seien dabei gewesen. Der Anwohner rief die Polizei zu Hilfe. Die Aggressivität des Betrunkenen bekam auch die Polizei sofort zu spüren. „Ich hau’ euch aufs Maul!“: So habe der Hannoveraner ihn und seine beiden Kollegen empfangen, sagte einer der Beamten im Zeugenstand aus. Die Polizisten wollten es dennoch bei einem Platzverweis belassen, nach der vierten Aufforderung trollte sich der Hannoveraner endlich auch – um sofort wieder zurückzukehren. Morddrohung gegen Polizisten: Nun waren die Polizisten mit ihrer Geduld am Ende. Der Versuch, dem renitenten Mann Handschellen anzulegen, endete in einem Ringkampf. Im Streifenwagen stieß der Koch weiter wüste Beleidigungen aus. Er versuchte, den neben ihm sitzenden Polizisten mit einem Kniestoß am Kopf zu treffen und ins Gesicht zu spucken. Beides konnte der Beamte gerade noch abwehren. Überdies stieß er Morddrohungen gegen den Polizisten und dessen Familie aus. „Im Auto dachte ich: Der ist so unglaublich aggressiv, ohne Fesseln hätte er mich umgebracht“, sagte der Polizist als Zeuge aus – und verschwieg auch nicht, wie das Geschehen ihm selbst zugesetzt hatte: Er habe in den Tagen danach ernsthaft überlegt, nicht weiter als Polizist zu arbeiten. Im Polizeirevier angekommen, randalierte der Mann schließlich noch in seiner Zelle. Er trat eine Fliese kaputt und beschädigte mit einer Scherbe die Wand. Am Einsatzort hatte der Hannoveraner auf die Polizei noch zeitlich und örtlich klar orientiert gewirkt. Das empfand ein Beamter Minuten später auf der Wache aber ganz anders: Der Beschuldigte wirke nicht orientiert und habe mehrmals gefragt, wo er denn sei, notierte dieser in einem Vermerk. Promillewert liegt dicht am Vollrausch: Letztlich war es dieser Hinweis in Kombination mit dem damaligen Promillewert, der dazu führte, dass es Amtsrichter Michael Siebrecht bei seinem Schuldspruch wegen Widerstandes, Beleidigung, Bedrohung und des tätlichen Angriffs auf den Polizisten bei einem vergleichsweise milden Urteil beließ. Mit 80 Tagessätzen à 50 Euro muss der 34-Jährige, der das Urteil sofort akzeptierte, sein Verhalten nach der Hochzeitsfeier büßen. Allein für den tätlichen Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten sieht das Strafgesetzbuch jedoch eine Mindeststrafe von drei Monaten vor, was 90 Tagessätzen entspricht. „Und da wäre noch was dazu gekommen“, wurde Siebrecht deutlich. Doch letztlich waren sich Strafverteidiger, Staatsanwalt und Richter einig, dass man sich in diesem Fall juristisch nahe einem Vollrausch bewege. Dazu trug die Aktennotiz des Polizisten bei, aber auch der Promillewert von 2,6. Ab 3,0 Promille gelten die Steuerungsfähigkeit als aufgehoben und Täter als schuldunfähig. Diese können dann nicht mehr wegen der eigentlichen Tat, sondern nur wegen Vollrauschs verurteilt werden – und dieser Paragraf sieht keine Mindeststrafe vor. Lesen Sie auch: Amtsgericht Burgwedel: Falschaussage bleibt unbestraft Warum ein Vollrausch nicht vor Strafe schützt: Richter lässt Unfallfahrer nicht davonkommen Von Frank Walter

Isernhagen - Mann feiert erst Hochzeit und droht dann Polizisten mit dem Tode