Am Mittwochabend war die veranstaltungsarme Sommerzeit im Großburgwedeler Amtshof zu Ende – die von der Stadt veranstaltete Reihe Kultureller Herbst eröffnet die neue Saison. Und das gleich mit einem Hochkaräter der Kammermusik, dem Seraphin-Trio – sehr zur Freude von 150 begeisterten Besuchern.
Wilhelm F. Walz an der Violine, Julien Chappot am Cello und Pianist Paul Rivinius hatten zwei Romantiker und einen neuzeitlichen Komponisten im Programm. Den Anfang machte Bedrich Smetana mit dem Klaviertrio in g-Moll op. 15. Die Musik der Romantik (ca. 1800–1920) ist eine Geisteshaltung, in der das Gefühlsmäßige ein starkes Übergewicht über das Verstandsmäßige hatte. Unter dem Aspekt ist auch das dritte Kammermusikwerk des großen Tragikers unter den böhmischen Komponisten zu hören.
Musik einfühlsam von Walz interpretiert
Die Musik des Trios ist die erschütternde Umsetzung des frühen Todes von Smetanas Tochter Frederike. Ungewöhnlich genug für das eröffnete Violinensolo, greift er dabei auf den barocken „Lamentobass“ (Klagelied) zurück, von Walz einfühlsam interpretiert. Der zweite Satz wird als Porträt der kleinen Frederike verstanden und stellt in einem Tanzrhythmus das Mädchen beim Spielen dar, überschattet von der Vorahnung des Todes, wobei Chappot das Cello-Seitenthema mit herrlichem Pathos spielte; während der teils wild dahinjagende dritte Satz etwas Gespenstisches an sich hat, gleich einem Totentanz. Franz Liszt soll einer der wenigen gewesen sein, die die Bedeutung dieser erschütternden Töne begriffen haben. Das Seraphin-Trio setzte sie in bewundernswerter Weise um.
Freude und Schmerz
Auch Dmitri Schostakowitsch verarbeitete 1923 in seinem Frühwerk, dem Trio Nr. 1 c-Moll op. 8, Trauer und Sehnsucht. Der schüchterne 17-Jährige hatte sich verliebt, wagte aber nicht zu hoffen, dass seine Liebe erwidert wird. So wandern die beiden Sätze zwischen Freude, verzagter Verwirrung und Trauer hin und her. Dieses Werk legte Schostakowitsch dem Moskauer Konservatorium als Befähigungsnachweis vor, als er dort in die Kompositionsklasse aufgenommen werden wollte.
„Ein bisschen eklig“ zu spielen
Der zweite Teil des Konzerts gehörte Felix Mendelssohn Bartholdy. Sein Klaviertrio No. 2 c-Moll op. 66 entstand 1845 in Frankfurt. Der Komponist meinte damals, es sei für den Pianisten „ein bisschen eklig“ zu spielen, wovon sich die Zuhörer bei den halsbrecherischen Passagen in den schnellen Sätzen selbst überzeugen konnten. Rivinius meisterte diese Herausforderungen bravourös, wobei auch seine „Umblätterin“ Michèle Müller nicht unerwähnt bleiben soll. Die 20-Jährige lernte ihr musikalisches Handwerk an der Musikschule Burgwedel-Isernhagen und beginnt in Kürze ein Studium an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Eine weitere Sternstunde der Kammermusik im Amtshof, was auch das Publikum so einschätzte und minutenlang applaudierte.
Weiter geht der Kulturelle Herbst am 9. Oktober mit der anglo-irischen Band Flook.
Von Jürgen Zimmer