Garbsen: So geht es Kuscheltherapeutin Martina Ebert in der Corona-Krise

Es sind harte Zeiten für Menschen, die gern die körperliche Nähe anderer suchen. Im Fall von Martina Ebert aus Altgarbsen ist es sogar noch extremer – sie hat das Kuscheln erst zu Beginn des Jahres zu ihrem Beruf gemacht. Die 52-Jährige arbeitet seitdem als selbstständige Kuscheltherapeutin. Konkret bedeutet das: Sie besucht Menschen oder empfängt sie im eigenen Wohnzimmer, die für 70 Euro pro Stunde einfach mal kuscheln wollen. Doch mit der Corona-Krise kam bekanntlich die Kontaktsperre und damit zumindest das vorläufige Aus für ihre Pläne. Sehnsucht nach Nähe steigt: „Es gab weiterhin Anfragen, die ich allerdings ablehnen musste“, sagt Ebert. Dabei sorgt sich die Garbsenerin gar nicht in erster Linie um ihren eigenen Lebensunterhalt. Sie befürchtet, dass viele Menschen erst jetzt bemerken, „wie heftig und verloren sich die Sehnsucht nach menschlicher Nähe anfühlen kann“. Eigentlich wollte sich die 52-Jährige mit ihrer neuen Aufgabe einen Traum erfüllen, der sie schon seit ihrer Kindheit begleitet. Entwickelt hat sich aber alles ganz anders. Nach ihrer Schulzeit in Berenbostel schloss Ebert eine Ausbildung bei VW als Fräserin ab und arbeitete einige Zeit im Werk in Stöcken am Fließband. „Die Arbeit fand ich fürchterlich. Mir war klar, dass das nicht alles sein kann“, sagt sie rückblickend. Der Traum vom Kuscheln: Also absolvierte sie eine Weiterbildung zur Arbeitspädagogin und war seitdem jahrelang in verschiedenen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen tätig. Ein Job, der ihr Spaß machte, aber da war noch immer dieser Traum. „Wenn ich mir überlegt habe, was ich am liebsten machen will und was ich am besten kann – dann war es kuscheln“, beschreibt die Altgarbsenerin ihre Gedankengänge. Und so recherchierte sie im Herbst des vergangenen Jahres im Internet und stieß dort auf die Plattform Kuschelkiste. Deren Betreiber haben eine Idee aus den USA importiert. Sie vermitteln professionelle Kuschler und deren Kunden miteinander. Eine Idee, die genau zu Eberts Traum passte. Eine zweitägige Ausbildung später darf sie sich nun selbst Kuscheltherapeutin nennen. Die Zusammenkunft mit ihren Kunden hat übrigens – und darauf legt die 52-Jährige Wert – „absolut nichts mit sexueller Nähe zu tun“. Frische Kleidung ist Pflicht: Beim Kuscheln gehe es vielmehr um das „im Arm halten, gemeinsam schweigen, alltägliche Sorgen teilen oder in alten Erinnerungen schwelgen“, sagt Ebert. Und es geht um Vertrauen. Deshalb müssen Neukunden auch vor dem ersten Körperkontakt ein Merkblatt unterschreiben. Darin sind die Regeln aufgelistet, wie das Kuscheln abläuft. Dazu gehört, dass jeder seine Tabuzonen benennt, die nicht berührt werden dürfen. Außerdem ist frisch gewaschene Kleidung Pflicht, wie Ebert sagt. Wählerisch ist sie darüber hinaus nicht: „Wir kuscheln alle“, sagt sie lachend. Zu ihren Kunden gehören bislang überwiegend Männer. Darunter sind überwiegend ältere Menschen, die alleinstehend sind. „Es gibt aber auch Anfang 30-Jährige, die noch gar keine Erfahrungen haben und sich nach Berührungen sehnen, oder alleinerziehende Mütter, die einfach mal in den Arm genommen werden wollen“, berichtet die Profi-Kuschlerin. Zur Not mit Mundschutz: Gerade für solche Menschen ist die Einsamkeit in der Corona-Krise ein großer Einschnitt, sagt Ebert. Sie hofft auf weitere Lockerungen der Kontaktsperren. Zur Not würde sie sogar Kuscheln mit Mundschutz und Handschuhen anbieten, sagt die Garbsenerin. „Wenn jemand wirklich dringenden Bedarf hat, mache ich alles möglich, was erlaubt ist“, sagt Ebert. Um ein wenig Hoffnung zu verbreiten, ist sie schon kreativ geworden, indem sie Gutscheine für künftige Kuschelstunden anbietet. In jedem Rückschlag sieht Ebert aber auch etwas Positives. Und so hofft sie auf ein Umdenken bei den Menschen, denen jetzt erst auffällt, wie sehr ihnen die Nähe anderer fehlt. „Jetzt hat hoffentlich auch der Letzte verstanden, dass wir soziale Wesen sind.“ Aktuelle Nachrichten rund um das Thema Corona lesen Sie hier Unser Nachrichten-Ticker zur Lage im Land und in der Region Hannover HAZ-Portal #supportyourlocal: So können Sie Ihren Geschäften helfen Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover Hier finden Sie die aktuellen Hilfsangebote aus Ihrer Stadt Lesen Sie auch: Wie laufen die Abitur-Prüfungen in Corona-Zeiten, Frau Jarczak? So schützt sich der Rettungsdienst vor einer Corona-Infektion So wollen Gastronomen in Garbsen die Corona-Krise überstehen Von Gerko Naumann

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