Ronnenberg: Rektorin Andrea Schirmacher hält Inklusion für den richtigen Weg

Von Abschiedsstimmung kann im Büro von Rektorin Andrea Schirmacher noch keine Rede sein. Zwar geht die Leiterin der Theodor-Heuss-Grundschule (THS) in Empelde Ende Januar in den Ruhestand. „Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun“, sagt die 61-Jährige. Die Zeugniskonferenzen seien gerade vorbei. „Jetzt stehen noch Vorstellungsgespräche gemeinsam mit meiner Nachfolgerin für eine Stelle in der Schulsozialarbeit an.“ Wegen des geplanten Baus der zweiten Empelder Grundschule seien auch noch viele Dinge für die Einteilung der künftigen Schulbezirke zu klären, sagt Schirmacher. Verabschiedung rückt immer näher: Trotz vieler ungeklärter Fragen für den künftigen Schulstandort Empelde ist sie froh, wegen zunehmender Gelenkprobleme einen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand gestellt zu haben. „Schule war genau mein Ding. Ich habe immer 180 Prozent investiert, aber mir fehlt jetzt etwas die Kraft, um alle anstehenden Aufgaben mit der nötigen Energie anzugehen“, räumt die Rektorin ein. Halbe Sachen? So etwas mache sie nicht. Eigentlich habe sie immer mit genau 63 Jahren in ihrem 40. Dienstjahr aufhören wollen. Nun sei es angesichts der gesundheitlichen Beschwerden aber auch zwei Jahre früher in Ordnung. Am Freitag, 31. Januar, wird sie verabschiedet. Im Februar übernimmt Grundschullehrerin Verena Kebsch-Jandel die Leitung. Schirmacher blickt auf ein ereignisreiches Berufsleben zurück. Immerhin hat die gebürtige Osnabrückerin in Hannover Sonderpädagogik studiert. Nach zahlreichen Stationen an verschiedenen Sonderschulen in der gesamten Region Hannover war sie seit 2006 Leiterin der inzwischen aufgelösten Gustav-Heinemann-Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen in Empelde. Warum sie sich für die Sonderpädagogik entschieden habe? Vermutlich wegen meiner eigenen schulischen Erfahrungen und wegen einiger Lehrer“, sagt Schirmacher und schmunzelt. Inklusion bedeutet für Sonderpädagogin einen Einschnitt: In der Rückschau vergeht ihr kurz das Lächeln: „2013 kam die Inklusion und damit das Recht für alle Eltern, ihre Kinder mit Förderbedarf an allgemeinbildenden Schulen unterrichten zu lassen“, nennt sie eine folgenreiche Entwicklung in ihrem Berufsleben. Als langjährige Sonder- und Förderschulpädagogin sowie Leiterin einer Förderschule sei das ein Einschnitt gewesen. „Wegen der inklusiven Beschulung gingen an der Gustav-Heinemann-Schule erst die Schülerzahlen zurück. 2013 wurde die Förderschule räumlich aufgelöst“, erzählt Schirmacher. Zwar leitet sie bis heute das damals eingerichtete Förderzentrum Lernen und koordiniert von der Grundschule in Empelde aus die Einsätze der Sonderpädagogen an den allgemeinbildenden Schulen. „Man fühlte sich als Rektorin einer Einrichtung mit einem eigenen Schulleben aber seiner Aufgabe und Anerkennung beraubt“, sagt sie. Viele Sonderpädagogen seien nach der Auflösung von Förderschulen einfach losgeschickt worden, um in den Regelschulen völlig unvorbereitet die Inklusion umzusetzen, erinnert sich Schirmacher. An der Grundschule wird sie herzlich aufgenommen: Sie selbst hatte Glück: An der THS übernahm sie 2014 wegen des Ruhestandes ihres Vorgängers Heinz Ostfeld kommissarisch die Leitung. Für sie als Sonderpädagogin habe es zum Glück aus dem Kreis der neuen Kollegen nie an Akzeptanz gefehlt. Trotzdem habe sie 2016 nach immerhin 32 Berufsjahren als Pädagogin noch einmal zwei Unterrichtsstunden Sachkunde vor Prüfern geben müssen, um ihre pädagogischen Fähigkeiten nachzuweisen. „Erst dann durfte ich 2016 offiziell Schulleiterin werden“, erzählt sie amüsiert. Viele Förderschüler profitieren von der Inklusion: Die Inklusion hält sie inzwischen aber für den richtigen Weg – zumindest für Förderschüler mit Lernschwierigkeiten: „Viele dieser Kinder profitieren von den Regelschülern und erzielen in kürzerer Zeit bessere Leistungen“, hat Schirmacher beobachtet. Voraussetzung sei aber eine ausreichende Begleitung durch Sonderpädagogen. „Mindestens zwei Stunden pro Woche und Klasse“, sagt Schirmacher. Wichtig sei auch eine gute Einschätzung der jeweiligen Schüler. „Wenn wir Kindern mit Förderbedarf für geistige Entwicklung nicht gerecht werden können, müssen wir Eltern raten, diese Kinder zur Selma-Lagerlöf-Förderschule in Empelde zu schicken.“ Auf Nachfolgerin warten große Aufgaben: An der Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung sollen nach Schirmachers Abschied künftig auch ihre bisherigen Aufgaben als Leiterin des Förderzentrums mit dem Schwerpunkt Lernen übernommen werden. Wegen der Doppelfunktion hatte die scheidende Rektorin an der THS zuletzt nur noch zwei Stunden pro Woche selbst unterrichtet. Auf ihre Nachfolgerin Kebsch-Jandel warten wegen der bevorstehenden Eröffnung der zweiten Empelder Grundschule große Aufgaben: „Die Rückführung der fünfzügigen Schule auf drei Züge, die notwendige Aufteilung des Kollegiums und die Einführung des Ganztagsbetriebes“, nennt Schirmacher Beispiele. Sie selbst zieht es im Ruhestand in die Natur: „Ich habe einen Mitmachgarten gepachtet und werde mich im Naturschutzbund engagieren“, sagt die Hemmingerin. Lesen Sie auch: Die Selma-Lagerlöf-Schule verabschiedet ihre Schulabgänger Neubau der Grundschule in Empelde startet 2020 Alle aktuellen Themen aus Ronnenberg unter haz.de/ronnenberg. Von Ingo Rodriguez

Ronnenberg - Nach 38 Dienstjahren: Rektorin Andrea Schirmacher verlässt die Grundschule Empelde und blickt zurück