Spielsmannszug zieht sich auch vom Schützenfest zurück

„Für uns war 2017 schon relativ klar, dass wir das in dieser Form nicht mehr machen können“, sagt die Vorsitzende Christa Heinzel. Die Auflagen seien sehr hoch, die Mitglieder könnten das ehrenamtlich gar nicht mehr leisten. „Man investiert in der Freizeit unendlich viele Stunden zusätzlich zum Beruf, und dann fehlt zum Teil einfach die Anerkennung seitens der Bevölkerung.“ Sie habe vollstes Verständnis für die Feuerwehr und stünde hinter den Kameraden und deren Entscheidung. „Klar ist es traurig für die Stadt, aber es wird eben immer schwieriger.“ Das habe sich zuletzt auch beim Andreasfest gezeigt: Wegen einer Lärmbeschwerde wurde ein Konzert vorzeitig abgebrochen. „Das ist sehr, sehr schade, auch wenn ich die andere Seite verstehen kann, wenn man zum Beispiel um 4 Uhr aufstehen muss.“ „Wir müssen das erst verdauen“: Auch wenn die Feuerwehr immer mal wieder durchblicken ließ, dass die Ausrichtung auf der Kippe steht, sei die Nachricht über das endgültige Aus doch eine Überraschung gewesen, sagt der Jägercorps-Vorsitzende Frank Zipsner. „Auf dem Burghof wurde das Fest gut angenommen, ich bin etwas ratlos, wie es jetzt weitergeht, es ist alles noch sehr frisch und wir müssen das erst verdauen.“ Klar sei für ihn aber auch: Am Konzept müsse sich etwas ändern, damit die Feier wieder attraktiver wird. Dass jetzt noch jemand in die Bresche springen wird, hält er für eher unrealistisch. „Eigentlich ist es dafür schon zu spät.“ Zudem hätte die Unterstützung der Stadt abgenommen. „Wir sterben als Randgebiet von Hannover langsam aus.“ Er ist sich sicher, dass sich die Vereine in den kommenden Tagen noch einmal zusammensetzen und über Lösungen nachdenken werden. Es wäre gut gewesen, sich sogar noch vor der Absage gemeinsam an einen Tisch zu setzen, sagt Jagdclub-Chef Peter Böttcher. „Ich bin schon sehr enttäuscht.“ Schließlich sei das Fest im Juni gut besucht gewesen und die Burghof-Rückkehr damit gelungen. Zwar würde die Zeit noch reichen, Ersatz zu finden, aber was fehlt, sei der Wille. Ziel sei es jetzt, zu überlegen, wie es in Zukunft weitergehen wird. Ortsbürgermeister Karl-Heinz Friedrich bedauert die Entwicklung, äußert aber viel Verständnis: „Ich kann die Argumente gut verstehen.“ Der Christdemokrat lehnt sich sogar so weit aus dem Fenster, dass er die These aufstellt: „Auch ohne Schützenfest wird Springe nicht wirklich etwas fehlen.“ Die Zeit der reinen Zeltfeste sei in der Deisterstadt offenbar vorbei: „Das sollten wir erkennen und den Mut haben, alte Zöpfe abzuschneiden. Die Veranstalter haben in den vergangenen Jahren alles versucht, um das Volks- und Schützenfest wieder zu einem Besuchermagneten zu machen. Aber den Leuten, die mit einer Sänfte zu den Feiern getragen werden wollen, werden wir es nie recht machen können.“ Die viele Arbeit der Ausrichter (Friedrich: „Die reißen sich wochenlang den Hintern auf und gehen auf dem Zahnfleisch“) werde leider nicht honoriert, aber immer ein Grund zum Meckern gefunden. Nicht mehr das Highlight im Kalender: Nach dem Umzug auf den Burghof habe er auf Rückenwind fürs Schützenfest gehofft, sagt der Ortsbürgermeister. Andererseits sei es eben nicht mehr so, dass das Schützenfest und das Stadtfest die einzigen Highlights im Jahreskalender sind: Es hätten sich in den vergangenen Jahren viele tolle Alternativen entwickelt, etwa das Maibaumfest, die verkaufsoffenen Sonntage mit ihrem Beiprogramm, das Andreasfest oder auch der Jazzfrühschoppen und der Töpfermarkt. Selbst die Teilnahme beim Martinsumzug sei für viele Familien selbstverständlicher als zum Schützenfest zu gehen. „Wir sollten zusehen, dass wir diese Veranstaltungen halten können, damit wir nicht zu einem riesigen Altenheim verkommen“, ist Friedrich wichtig. Und: Ein neidischer Blick nach Eldagsen, wo das Schützenfest nach wie vor eine Strahlkraft hat, nütze nichts: „Diese Vergleicherei geht mir ziemlich auf den Pinsel. Denn wenn unsere Bevölkerung hier das Fest mehr unterstützen würde, hätten wir die jetzige Diskussion doch gar nicht.“ Von Marita Scheffler und Saskia Helmbrecht

Springe - Schützenfest: Auch der Spielmannszug zieht sich zurück