Coronavirus: Hannovers Kneipen dürfen jetzt doch öffnen

Der Protest von Shakespeare-Betreiber Bernd Rodewald und anderen Wirten aus Hannover hat Wirkung gezeigt: Zum Wochenende hat die Region die Auflagen geändert, unter denen Kneipen öffnen dürfen. War bisher das entscheidende Ausschlusskriterium für Gastronomen, ob ein Betrieb vor Corona mehr Umsatz mit Speisen oder Schank getätigt hat, so reicht jetzt das Vorhandensein einer ausreichend großen Küche und die Nutzung derselben. Etliche Wirte frohlocken. Betreiber von Kleinstkneipen aber müssen weiter warten, wie etwa Harald Göpel von der Burgklause in der Altstadt. Hannovers Wirte beklagen unklare Vorgaben: Noch in der Vorwoche hatten zahlreiche Wirte gegenüber der HAZ völlig unklare Vorgaben beklagt. Weder von den Behörden noch vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga habe es verlässliche Aussagen gegeben. Die Öffnung sei „teilweise mündlich erlaubt“ gewesen, und dann seien die Einrichtungen „polizeilich zwangsgeschlossen“ worden, berichtet Rodewald von den Anrufen zahlreicher Kollegen. Das Dublin Inn in der Altstadt hatte aus Angst vor Repressalien entnervt wieder geschlossen, nachdem es einen Tag geöffnet war. Rodewald selbst hatte, nachdem er ab Montag geöffnet hatte, ein Bußgeldverfahren bekommen und dann Freitagmittag lieber schnell wieder auf Außer-Haus-Verkauf umgestellt. „Ein neuer Maßstab“: Freitagabend um 19 Uhr kam die erlösende Nachricht von der Region: Das Shakespeare im Gutenberghof nahe der Lavesstraße darf plötzlich doch öffnen. Regionssprecherin Tanja Schulz bestätigte am Montag, dass seit dem Wochenende ein neuer „Maßstab“ gilt. „Soweit Gastronomiebetriebe über eine angemessen ausgestattete Küche verfügen, ist davon auszugehen, dass die Speisewirtschaft offensichtlich einen wichtigen Teil des Geschäftsmodells ausmacht“, teilt Schulz mit. Diese müsse auch wirklich zur Zubereitung gastronomischer Speisen genutzt werden – „eine Mikrowelle hinter der Theke, der Verkauf von verpackten Snacks oder das Angebot von Salzstangen und Keksen reicht nicht aus.“ Das sind gute Nachrichten auch etwa für die Klickmühle oder das Brauhaus Ernst-August, die ebenfalls geöffnet haben. Rodewald ärgert sich trotzdem über die unklaren Ansagen. „Teilweise wie Verbrecher“ hätten sich die Wirte behandelt gefühlt: „Unglaublich.“ Burgklause muss noch warten: Für Harald Göpel, der in der Altstadt die kleine Burgklause mit etwa 30 Plätzen betreibt, ändert sich trotzdem nichts. Montagmorgen hatte er beim Ordnungsamt der Stadt angefragt. In der Antwort heißt es weiterhin, dass das Verhältnis von Schank- und Speisewirtschaft wichtig für die Beurteilung sei, ob er öffnen darf. Dann aber wird auch auf die Regelung mit einer vollausgestatteten Küche hingewiesen. „Deshalb darf ich nicht öffnen“, bedauert Göpel. Dass viele andere Altstadtkneipen längst wieder wirtschaften, obwohl auch sie keine richtige Küche haben, wurmt ihn schon etwas, „aber ich will selbst kein Bußgeld riskieren“. Täglich erreichten ihn aber gut ein halbes Dutzend Anrufe von Stammgästen, die wissen wollten, wann es wieder losgehe. „Ich kann ihnen gar nichts Verlässliches sagen“, meint Göpel. „Es ist ein ständiges Hin und Her.“ Getränkestände in der Markthalle geschlossen: Auch Markthallenmanager Gerhard Schacht ist genervt: „Die eine Hand weiß nicht, was die andere tut.“ Am Sonnabend seien vier städtische Ordnungsmitarbeiter im Haus gewesen und hätten sich widersprochen. „Es ist ein ziemliches Chaos“, sagt Schacht. Im „Bauch von Hannover“ sind die Lebensmittelstände sowie die Gastronomien geöffnet, weiterhin läuft der Außer-Haus-Verkauf. Die beiden reinen Getränkestände aber, also der Gilde- und der Weinstand, sind jetzt wieder geschlossen. Eine Woche nach Wiedereröffnung des Großteils der Gastronomie in Niedersachsen sei die Situation für die Betreiber „höchst ernüchternd“. Das sagte Detlef Schröder, der Präsident des Niedersächsischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) am Montag in einer vorläufigen Bilanz. Da die Betriebe ihre Gästekapazitäten auf 50 Prozent reduzieren mussten, habe der Dehoga nicht erwartet, dass „die Umsätze in den Himmel schnellen“ würden. „Aber die sich jetzt abzeichnenden Umsatzrückgänge sind fatal.“ Die Gäste seien ganz überwiegend zufrieden, auch wenn Service mit Mundschutz für beiden Seiten schwierig sei. Die Betriebe aber litten stark unter Einschränkungen. Demnach haben 70 Prozent der Betriebe überhaupt geöffnet, und von ihnen berichteten 93 Prozent, dass die Umsätze nicht für eine Wirtschaftlichkeit reichten. 75 Prozent hätten ausgesagt, dass ihre Umsätze nur weniger als ein Viertel einer Maiwoche aus der Vor-Corona-Zeit betrügen. Nur sieben Prozent hätten die Hälfte des Normalumsatzes oder mehr erwirtschaftet. „Unter den aktuellen Voraussetzungen ist ein wirtschaftlicher Betrieb der Gastronomie kaum vorstellbar“, sagt Landes-Dehoga-Chef Schröder und dringt auf Lockerungen. Lesen Sie auch: Deshalb gab es ein Bußgeldverfahren gegen das Shakespeare Ein Roboter als Kellner: “Coronasicheres” Bier in Kneipe in Sevilla Von Conrad von Meding

Corona-Krise - Hannovers Kneipen dürfen jetzt doch öffnen – unter Auflagen