DGB stellt Ausbildungsreport 2020 in Hannover vor

Fast die Hälfte der Auszubildenden im letzten Lehrjahr weiß nicht, ob sie nach der Abschlussprüfung übernommen wird. Dies ist ein Ergebnis des Ausbildungsreports 2020 für Niedersachsen und Bremen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), der am Dienstag in Hannover vorgestellt wurde. Für den Bericht hatte der DGB von September 2019 bis Mai 2020 rund 2500 Azubis zu ihren Lehrberufen befragt. Im Bundesdurchschnitt ist nur 39,1 Prozent der Lehrlinge unklar, ob sie nach ihren ersten drei Berufsjahren einen neuen Arbeitsvertrag bei ihrem Ausbilder erhalten. Die Auszubildenden im Norden spüren im Vergleich somit eine größere berufliche Unsicherheit. Dies liege unter anderem an der Autoindustrie, die in Niedersachsen besonders wichtig ist, erklärte der Vorsitzende des DGB in Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt, Mehrdad Payandeh. „Die allgemeine Unsicherheit in der Wirtschaft schlägt sich da nieder. Zum Beispiel bei Zuliefererfirmen für Autos mit Verbrennermotoren herrscht eine Ungewissheit, jetzt da die Elektroautos immer stärker nachgefragt werden“, sagte er. Die Corona-Krise spielte noch keine große Rolle in dem Report, weil der Großteil der Daten vor dem Frühjahr 2020 erhoben wurde. Die berufliche Unsicherheit unter den Nachwuchskräften hat laut der Studie zugenommen. Im Vorjahr hatten nur 39 Prozent nicht gewusst, ob sie von ihrem Arbeitgeber übernommen werden. Zufriedenheit mit Ausbildung ist hoch, nimmt aber ab: Die Zufriedenheit unter den Azubis ist dennoch weiterhin hoch. 70,8 Prozent sind mit ihrer Ausbildung sehr zufrieden oder zufrieden. Dafür wurden sie zur Ausbildungsvergütung, Zahl der Überstunden, Betreuung und Ausbildungsqualität befragt. Besonders positiv bewerten Verwaltungsfachangestellte ihre Ausbildung. Hotelfachmänner und -frauen kritisierten ihre Ausbildung am stärksten. „Das ist ein gutes Ergebnis, aber manche Branchen müssen sich berappeln“, sagte Payandeh. Der Anteil der Befragten, die ihre Berufsschule als sehr gut einschätzen, ist im Vergleich zu 2019 um fast 10 Prozentpunkte gestiegen. Gründe dafür seien mehr Personal und die bessere Ausstattung dank des Digitalpakts Schule, sagte Ute Neumann, Leiterin der Abteilung Jugend beim DGB. Dennoch hat sich der Anteil der unzufriedenen jungen Mitarbeiter seit 2016 um 5 Prozentpunkte erhöht. Der DGB hält als Ursache schlechte Arbeitsbedingungen für möglich. „Fast ein Drittel macht regelmäßig Überstunden. Auch der Stress ist in einzelnen Branchen gestiegen“, sagte Neumann. Azubis wünschen sich eigene Wohnung: Missmut herrscht unter den Lehrlingen auch bei ihrer Wohnsituation. 71 Prozent von ihnen wohnen bei Eltern oder Verwandten. Fast alle von ihnen würden jedoch gerne in einer eigenen Wohnung leben. Wegen der geringen Bezahlung ist das meist nicht möglich. Etwa 13 Prozent haben neben ihrer Vollzeitstelle noch einen Nebenjob. Der DGB fordert die Einführung eines Azubi-Tickets und den Ausbau des Bus- und Bahnnetzes. „Wenn wir es ernst meinen mit der ökologischen Transformation und Attraktivität der Ausbildungsberufe, dann müssen wir den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs hinbekommen“, meinte Payandeh. Von Inga Schönfeldt