Hannover: Trainerin in Linden-Mitte bietet Fitnessübungen im Hinterhof

Zwischen Bäumen, Blumenkübeln und alten Wohnwagen erklingen in einem Hinterhof an der Rampenstraße abends derzeit immer wieder leise Loungeklänge. Tauben gurren, in der Nachbarschaft scheinen Musiker zu proben – und plötzlich hört man Menschen schwer durchatmen. Auf Trainingsmatten ahmen sie die Bewegungen von Christine Gaus nach. Sie dehnen und drehen sich. Biegen und beugen Arme und Beine, während über den Dächern die Sonne untergeht. „Lasst locker, entspannt euch, löst euch!“, ruft Trainerin Gaus. Die Sportler atmen wieder tief ein und aus. Seit Kurzem trainieren die etwa 70 Mitglieder des familiären Fitnessstudios Chrystal Gym im Hinterhof. Rückensport und Pilates laufen nun auf einem Parkplatz. Die Corona-Lockerungen erlauben zwar ein Training in den geschlossenen Räumlichkeiten unter Auflagen. „Aber die Leute haben an der frischen Luft einfach ein besseres Gefühl“, weiß Gaus. Zudem könnten so mehr Mitglieder teilnehmen als auf den 90 Quadratmetern im Innenbereich. „Die Rückmeldungen sind super, das Training kommt sehr gut an.“ Für Gaus ist das Training unter freiem Himmel mal wieder ein Neuanfang. Vor vier Jahren eröffnete die Sport- und Gymnastiklehrerin ihr Studio, das sie allein führt. Seitdem überschlagen sich die Ereignisse. Im letzten Jahr brannte es in dem Gebäude. Obwohl das Studio nicht betroffen war, wurde es für chemische Untersuchungen versiegelt. Gaus öffnete anschließend wieder. Dann kam Corona. Nun greifen die Lockerungen. Aber die Mindestabstände bedeuten für den Regelbetrieb erschwerte Bedingungen. Mit Trainingsvideos aus der Krise: Gaus geht kreativ mit der Situation um. In der Hochzeit der Corona-Krise nahm sie Trainingsvideos auf und stellte sie kostenlos auf ihre Seite www.chrystalgym.video. „Ich wollte etwas bieten und mich von den vielen kostenpflichtigen Angeboten abheben“, sagt die Trainerin. Ihre Videos sind jederzeit abrufbar. „Die Menschen sollen trainieren, wenn sie Zeit haben.“ Auch jetzt nimmt Gaus noch Videos auf – und hofft auf Sponsoren. „Die Solidarität der Teilnehmer in der Krise war unfassbar groß. Da möchte ich etwas zurückgeben.“ Zusammen mit den Trainingseinheiten im Hinterhof möchte sich Gaus so aus der Krise kämpfen. „Ich liebe meinen Beruf und liebe es zu sehen, dass der Sport den Menschen guttut.“ Aufgeben ist für sie keine Option. Den Mitgliedern gefällt es. Auch, wenn sie wieder schwer atmen. Lesen Sie auch: Hannovers-Fitnessstudios öffnen wieder Von Jan Sedelies