Karstadt-Kaufhof: In Hannover schließt das Haus an der Georgstraße

Der in wirtschaftlichen Nöten steckende Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt nach Informationen der HAZ in Hannover das Karstadt-Haus in der Georgstraße. Der Kaufhof an der Marktkirche und derjenige am Ernst-August-Platz bleiben erhalten. Noch unklar ist, was mit den Sporthäusern von Karstadt und Sport Scheck passiert, weil darüber separat verhandelt wird. Genauer Schließungstermin bei Karstadt noch offen: Im Karstadt-Haus Georgstraße sind 101 Mitarbeiter beschäftigt, die nun mit ihrer Kündigung rechnen müssen. Sie können nach Angaben der Gewerkschaft Verdi wählen, ob sie für sechs Monate in eine Transfergesellschaft für Schulungen, Qualifizierung und mögliche Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz gehen, oder ob sie sich eine Abfindung auszahlen lassen. Der genaue Schließungstermin steht nach HAZ-Informationen noch nicht fest. Dazu muss erst der Gläubigerausschuss bei Galeria Karstadt Kaufhof die Pläne absegnen. Vorausgesetzt das eigentliche Insolvenzverfahren beginnt Anfang Juli und es werden dann schnell Kündigungen ausgesprochen, wäre bei dreimonatiger Kündigungsfrist als frühester Termin Ende September. Vieles spricht für Ende Oktober. Eine Mitarbeiterin berichtete, ihr sei angekündigt worden, dass sie zu diesem Termin die Kündigung bekomme. Eine Perspektive im Unternehmen habe man ihnen nicht gegeben. „Das ist meine zweite Insolvenz“, sagte sie und begann zu weinen. Die Reaktionen: OB Onay spricht von wichtigen Ankerpunkten: „Das ist ein harter Schlag ins Gesicht für alle betroffenen Kollegen“, erklärte Sabine Gatz, Fachbereichsleiterin beim Landesverband Niedersachsen-Bremen der Gewerkschaft Verdi. In Niedersachsen stünden nun die Existenzen von mehr als 350 Beschäftigten auf dem Spiel. Sie warf dem Management von Galeria Karstadt Kaufhof Fehler vor, die Corona-Krise sei nur ein Brandbeschleuniger gewesen. Gatz kündigte Unterstützung für die Betroffenen an, etwa durch Rechtsberatung. Jede Chance der Weiterbeschäftigung in einer der verbliebenen Filialen müsse genutzt werden. Lesen Sie auch: Wundertüte Warenhaus – ein Besuch in der Filiale Georgstraße in Hannover (2014) „Wir bedauern sehr, dass das Haus in der Georgstraße geschlossen werden soll“, sagte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay. Die Kaufhäuser von Karstadt und Kaufhof gehörten zu Hannover und seien wichtige Ankerpunkte für die Einkaufsstadt. Für den Standort Georgstraße werde die Stadt sehr genau prüfen, welche Nachnutzung an dieser Stelle sinnvoll sein kann und sich gut mit den städtebaulichen Rahmenbedingungen verträgt. In der kommenden Woche wollen Onay und Wirtschaftsdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette mit den Betriebsräten aller Karstadt- und Kaufhof-Häuser in der Innenstadt reden. Martin Prenzler, Geschäftsführer der City-Gemeinschaft der Kaufleute, sprach von einem emotionalen Moment: „Wir sind negativ überrascht, dass es dieses Haus mit seiner Geschichte und seinen Mitarbeitern trifft“. Benötigt werde ein hochattraktives Nachnutzungskonzept. „Ich bin sehr optimistisch, dass das klappt. Das ist schließlich eine Immobilie in Premiumlage, und sie ist gut in Schuss“, sagte er. Hier begann die Karstadt-Geschichte in Hannover: Das Haus an der Georgstraße ist die Keimzelle der Kaufhauskette in Hannover. 1903 hatte Rudolph Karstadt das Grundstück von der Deutschen Bank gekauft. Bis 1906 baute er sich auf der Fläche sein insgesamt 25. Karstadt-Haus, das als eines der schönsten und größten in seinem Firmenimperium galt. Lesen Sie auch: Rückblick – So groß waren Karstadt und Kaufhof früher in Hannover Ernste Mienen, aber normales Geschäft bei Karstadt in Hannover: In dem betroffenen Haus war das Geschäft am Freitagmittag zunächst normal weitergegangen. Die Verkäufer berieten die Kunden, sortierten, zeichneten Preise aus und waren freundlich. Die Mienen vielleicht etwas ernst, aber alles ging dort seinen Gang. Gegen 13.30 Uhr begannen Mitarbeiter damit, die Türen zu verriegeln. Drinnen hieß es: „Liebe Kunden: Wir schließen in wenigen Minuten aus betriebsbedingten Gründen.“ Einige Mitarbeiter standen in kleinen Gruppen zusammen und diskutierten. Mitarbeiter baten Kunden zu zahlen. Ab 14 Uhr wurden die Mitarbeiter über die Pläne des Konzerns unterrichtet. Die Türen blieben auch den Rest des Freitags geschlossen. Lesen Sie auch: „Das ist schon Hardcore“: Reaktionen von Kunden auf die Karstadt-Schließung Drei weitere Schließungen in Niedersachsen: In Niedersachsen gibt es drei weitere Schließungen: Auf der Liste stehen noch zwei Kaufhof-Filialen in Osnabrück und Braunschweig sowie diejenige von Karstadt in Goslar. Die Warenhäuser in Hildesheim, Göttingen, Celle und Lüneburg bleiben als Standorte erhalten. „Schritt ist ohne Alternative“: Die Schließung von 62 und damit mehr als einem Drittel der bundesweiten Galeria Karstadt-Kaufhof-Filialen ist nach Einschätzung der Unternehmensführung der einzige Weg, um das Unternehmen zu retten. „Wir wissen, was dies für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet. Aber dieser Schritt ist ohne Alternative, weil diese Filialen den Gesamtbestand des Unternehmens gefährden“, sagte der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Freitag. Letztlich gehe es darum, das Unternehmen und damit viele tausend Arbeitsplätze zu sichern. Die Planung des Konzerns sah vor, „zunächst 62 von 172 Filialen und zwei sogenannte Schnäppchencenter“ zu schließen. Für sie bestehe angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise keine wirtschaftliche Fortführungsperpektive mehr, betonte Gleiwitz. Durch die Schließung und weitere Sparmaßnahmen dürften mindestens 5000 der 28.000 Stellen bei dem Konzern wegfallen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten sich nach wochenlangen Verhandlungen am Donnerstag auf einen Sozialplan geeinigt. Lesen Sie auch: Karstadt-Kaufhof: Städtetag warnt vor verödeten Innenstädten Von Bernd Haase und Karl Doeleke