Unternehmer will nach Corona-Infektion im Betrieb alle testen

Seit Donnerstag hat Robert Herpold in seinem 100 Mitarbeiter starken Unternehmen einen Fall von Corona-Infektion und mindestens einen weiteren Mitarbeiter mit möglichen Symptomen. Einen Ausbruch wie bei UPS in Langenhagen, wo sich innerhalb kürzester Zeit mehr als 70 Mitarbeiter angesteckt haben, will er verhindern. „Aber die Behörden sind auch 14 Wochen nach Ausbruch der Krise in Deutschland nicht in der Lage, Tests für die Mitarbeiter eines betroffenen Unternehmens zu organisieren“, ärgert sich Herpold. Er lässt die Tests jetzt über ein privates Labor durchführen. Corona-Fall bei Grossounion: Hannovers Behörden können nicht helfen: Herpold ist Geschäftsführender Gesellschafter der Grossounion Nord, eines Zeitschriftenvertriebs, der Blätter wie „Spiegel“, „Stern“ und andere Publikationen in Geschäfte und Kioske verteilt. 15 der 100 Mitarbeiter arbeiten in der Abteilung, die für Nachlieferungen zuständig ist, wenn irgendwo ein Magazin ausverkauft ist und kurzfristig Nachschub beschafft werden soll. „Das ist eine Querschnittsabteilung, die Mitarbeiter dort haben mit fast allen anderen im Haus zu tun“, sagt Herpold. Entsprechend hoch sei seine Sorge, dass sich das Virus schnell verbreiten könnte. „Im Moment sind fünf Mitarbeiter in Quarantäne, da können wir umorganisieren. Aber wenn es 20 werden, wird es schwierig.“ Sein Versuch, am Donnerstag Kontakt zum Gesundheitsamt der Region aufzunehmen, sei wenig erfolgreich gewesen. „Erst bin ich fünfmal nicht durchgekommen, dann hatte ich jemanden in der Leitung, der zwar freundlich war, aber nicht weiterhelfen konnte.“ Freitag dann habe jemand zurückgerufen – und konnte zwar auch keine Tests zusagen, aber immerhin den Kontakt zu einem privaten Labor vermitteln. Region: Zahl der Anfragen wird nicht geringer: Das Gesundheitsamt der Region bittet um Verständnis. Auch wenn die Zahl der Infektionen niedriger sei als Mitte März zum Beginn des Shutdowns – „die Zahl der Anfragen ist nicht geringer geworden, die Fragestellungen werden dagegen immer komplexer“, sagt Sprecherin Christina Kreutz. Deshalb komme nicht jeder telefonisch sofort durch. Grundsätzlich sei es nicht Aufgabe des Gesundheitsamts, Reihentests zu organisieren, sagt Kreutz. Stattdessen verfolge man Infektionsketten nach und werde aktiv, wenn es einen begründeten Verdacht gebe, dass sich jemand infiziert haben könne. Es sei „auch rein logistisch nicht möglich, für alle Unternehmen, die anfragen, eine Testung zu vermitteln oder zu organisieren“. Zuständig seien in größeren Betrieben die Betriebsärzte und zudem die Hausärzte und die Kassenärztliche Vereinigung. „Auch bei UPS wahrscheinlich nicht alle an einem Tag infiziert“: „Ich will für die Tests gerne selbst zahlen“, sagt Herpold, „aber dass es nicht möglich ist, mir einen Zeitslot im Corona-Testzentrum auf dem Messegelände zu bieten, damit alle einen Abstrich machen können, finde ich einen Skandal.“ Die Abläufe in den Behörden seien offenbar immer noch nicht dafür optimiert, um systematisch Ausbrüche in Betrieben zu verhindern. „Auch bei UPS werden sich ja mutmaßlich nicht alle an einem Tag angesteckt haben, sondern im Verlauf mehrerer Tage – das würde ich gerne verhindern.“ Teststäbe und -röhrchen hat er bereits bei dem Labor abholen lassen, 59 Euro kosten Material und Untersuchung pro Person. Am Dienstag nach Pfingsten kann er theoretisch mit den Tests beginnen. „Das ist mir eigentlich zu spät, ich hätte gerne am Freitag begonnen, für Klarheit zu sorgen“, sagt der 53-jährige Unternehmer. Noch aber ist nicht klar, ob es überhaupt am Dienstag losgehen kann. Denn den Abstrich darf nur ein Arzt machen – und den muss Herpold noch suchen. „Lücke muss reguliert werden“: Eigentlich wollte er die Geschichte nicht in der Zeitung lesen. Doch dann hat er sich umentschieden. „Den Verantwortlichen muss jetzt endlich klar werden, dass da eine Lücke ist, die dringend reguliert werden muss“, sagt er. Und beginnt jetzt mit der Suche nach einem Arzt. Lesen Sie auch: 72 Mitarbeiter des Paketdienstleisters UPS in Langenhagen sind mit dem Corona-Virus infiziert Corona-Ausbruch bei UPS in Langenhagen: Jeder zehnte Mitarbeiter ist krank Corona-Ausbruch bei UPS in Langenhagen: „Wie in der Schweinebranche“ Von Conrad von Meding

Hannover - Unternehmer will nach Corona-Infektion im Betrieb alle testen – die Behörden helfen nicht