Zeitplan für Niedersachsen: So kehren Schüler ins Wechselmodell zurück

Mit einem abgestuften Öffnungsplan will Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bis zu den Osterferien alle Schülerinnen und Schüler wieder zurück zum Unterricht in die Schule bringen – wenigstens ins sogenannte Wechselmodell. Diese Regeln gelten jetzt: 8. März: Abmeldung vom Wechselmodell fällt weg: Die erste Änderung am kommenden Montag betrifft nur ganz wenige Schüler. In Grundschule und Abschlussklassen – sie befinden sich als einzige zurzeit im Wechselmodell – sowie bei Schülern mit Förderbedarf für geistige Entwicklung können Eltern ihre Kinder derzeit auf Wunsch von der Präsenzpflicht befreien lassen. Diese Option fällt nun weg. An den Präsenztagen im Wechselmodell gilt ab Montag tatsächlich Präsenzpflicht. Ausgenommen sind nur Schüler, die einer Risikogruppe angehören oder die Angehörige von Menschen aus Risikogruppen sind. Neu ist für die Schüler im Wechselmodell eine durchgängige Maskenpflicht auch am Sitzplatz. Nur während Tests und Arbeiten muss kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Einzig die Änderungen am 8. März sind unabhängig von der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz, also der Zahl der Infektionen pro 100 000 Besucher binnen sieben Tagen. Diese Inzidenz ist aber entscheidend für alle weiteren Regeln. 15. März: Jahrgänge 5, 6, 7 und 12 zurück im Wechselmodell: Die Jahrgänge 5 bis 7 und 12 sowie die Schüler in Förderschulen mit körperlich-motorischem Schwerpunkt kehren zurück ins Wechselmodell. Voraussetzung dafür ist, dass die Inzidenz für die Region Hannover (oder entsprechend andere Landkreise) zuvor drei Tage in Folge stabil unter dem Wert von 100 bleibt. Ist das nicht der Fall, verschiebt sich die Maßnahme. Sind die Schüler in den Wechselunterricht zurückgekehrt, und der Inzidenzwert steigt wieder über 100, so heißt es: Zurück ins Homeschooling – es gelten wieder die Regeln vom 8. März. Es gilt eine durchgängige Maskenpflicht im Unterricht in der Schule für die Jahrgänge 5 bis 13, außer bei Arbeiten. 22. März: Alle übrigen Jahrgänge kehren ins Wechselmodell zurück: Liegt der Inzidenzwert am 22. März wiederum drei Tage in Folge stabil unter 100, kehren jetzt alle übrigen Jahrgänge sowie Schülerinnen und Schüler der Förderschulen für Hören und Sehen ins Wechselmodell zurück. Schulen, die wochenweisen Wechselunterricht anbieten, sind angehalten, das abzuändern. So soll sichergestellt werden, dass alle Schülerinnen und Schüler vor den Osterferien wenigstens einmal in die Schule zurückgekehrt sind. Steigt der Inzidenzwert nach ihrer Rückkehr ins Wechselmodell erneut über 100 (siehe oben), heißt es: Zurück ins Szenario C, das komplette Homeschooling. Wann wechseln Kitas in den eingeschränkten Regelbetrieb? In Kitas gibt es zurzeit nur Notbetreuung. Nach den neuen Regeln sollen sie eigentlich am 8. März zum sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb wechseln – wenn die Inzidenz zuvor drei Tage stabil unter 100 lag. Am Donnerstag lag sie für die Region Hannover bei 104,9. Theoretisch könnte sie als von Freitag bis Sonntag unter 100 liegen. Da heißt es also: abwarten. Eltern fordern mehr Pandemieschutz für Schulen vor Öffnungen: Bei Eltern in Niedersachsen kommt die Aufhebung der Freiwilligkeit beim Präsenzunterricht unterschiedlich gut an. Der Landeselternrat kritisiert ein Hin und Her von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD): „Erst wissen Eltern angeblich am besten, ob sie ihr Kinder in die Schule schicken sollen oder nicht, dann gilt das auf einmal nicht mehr“, moniert Cindy-Patricia Heine, Vorsitzende des Landeselternrates. Grundsätzlich sei sie natürlich nicht gegen eine Aufhebung der Schulpflicht, sagt Heine, aber in puncto Infektionsschutz habe sich an den Schulen in den vergangenen drei Monaten nur wenig getan. Es fehle nach wie vor an Luftreinigern, Trennwänden und anderer Schutzausrüstung. Zählt nur der Gesundheitsschutz der Erwachsenen an Schule? „Der Gesundheits- und Infektionsschutz an Schulen wird derzeit auf Lehrkräfte und Schulbedienstete reduziert“, bemängelt Regionselternratsvorsitzender Oliver Röttger, „Schülerinnen und Schüler sind nicht ausreichend berücksichtigt.“ Die Präsenzpflicht für Schüler ohne weitergehende Infektionsschutzmaßnahmen sei sportlich, insbesondere vor dem Hintergrund der Virusmutation. Elternvertreter hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass gerade der Gesundheitsschutz der unter 16-Jährigen im Fokus stehen müsste, denn für sie gebe es auf lange Sicht keine Impfungen. Warum keine kostenlosen Masken für Schüler? Im Schulausschuss der Stadt Hannover hat es jüngst eine lange Debatte über einen Antrag der Elternvertreter gegeben, die gefordert hatten, dass alle Schüler von der Stadt kostenlos sechs medizinische Masken erhalten sollen. Bildungsdezernentin Rita Maria Rzyski hatte die Kosten dafür auf 240.000 Euro beziffert. Der Antrag fand zwar eine Mehrheit, ob er umgesetzt wird, erscheint aber fraglich, da das Mehrheitsbündnis aus SPD, Grünen und FDP dagegen gestimmt hatte. Auch der Landesschülerrat fordert kostenlose Masken für Schüler. Wenn es kostenlose Schnelltestangebote geben soll, sei nicht klar, warum es keine Gratis-Masken gebe, sagt Vorsitzender Florian Reetz. Das Argument, dass Schüler ja auch zum Busfahren und Einkaufen Masken bräuchten, zähle nicht, denn das gelte auch für Arbeitnehmer, wie zum Beispiel Lehrkräfte, und die bekämen ja auch kostenlose Masken von ihrem Arbeitgeber gestellt. Ab dem 8. März gilt von Jahrgang 5 bis 13 eine durchgängige Maskenpflicht, auch in geteilten Lerngruppen und am Platz. Bei Arbeiten und Klausuren müssen die Schüler jedoch keine Maske tragen. Lob für Rückkehr zur Präsenzpflicht – vor allem von Lehrkräften: Andrea Reschke vom niedersächsischen Verband der Elternräte der Gymnasien sagt, die Rückkehr zur Präsenzpflicht und die schrittweise Öffnung der Schulen sei längst überfällig. „Das hat alles schon viel zu lange gedauert.“ Zustimmung kommt auch von den Lehrerverbänden. Viele Schüler in den Abschlussjahrgängen 9 und 10, die seit Januar wie die Grundschüler wieder wechselweise zur Schule gehen sollten, hätten sich abgemeldet und seien zuletzt „einfach abgetaucht“, sagt Torsten Neumann vom Verband Niedersächsischer Lehrkräfte. Die Jugendlichen seien im Distanzlernen für die Pädagogen nicht erreichbar, selbst wenn ihnen ein Tablet oder Laptop zur Verfügung gestellt worden sei. Lesen Sie auch: Niedersachsen öffnet Schulen und Kitas – aber nicht in der Region Hannover Bei den Grundschülern waren nur vergleichsweise wenig Kinder vom Präsenzunterricht abgemeldet worden, trotzdem begrüßen auch die Lehrkräfte dort, dass jetzt alle Schüler – mit Ausnahme von Risikogruppen – wieder ins Wechselmodell zurückkehren müssen. „Insbesondere für Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien bietet der Präsenzunterricht die Möglichkeit des Voneinander- und Miteinanderlernens in einer sozialen Gemeinschaft“, sagt Eva-Maria Osterhues-Bruns vom Grundschulverband, „für die Lehrkräfte bedeutet die Rückkehr zur Präsenzpflicht eine schrittweise Reduzierung der immensen Arbeitsbelastung der letzten Wochen.“ Impfangebote für alle Schulbeschäftigten gefordert: Die schrittweise Schulöffnung müsse zwingend einhergehen mit einer besseren Impf- und Teststrategie, fordert Franz-Josef Meyer vom Verband Erziehung und Bildung. In anderen Bundesländern seien Erzieher und Lehrkräfte aller Schulformen, nicht nur die von Grundschulen, längst geimpft. Niedersachsen befinde sich dagegen immer noch in der „Findungsphase“. Das sei ein Versagen der politisch Verantwortlichen auf ganzer Linie. Kultusminister Tonne kündigte am Donnerstag allerdings an, dass die Impfungen der Lehrkräfte noch im März beginnen sollten, und vor den Osterferien solle auch noch der Umgang mit den Selbsttests geübt werden. Wenn der Schulbetrieb ausgeweitet werde, müssten unverzüglich alle Schulbeschäftigten Impfangebote erhalten, betont Andrea Kunkel vom Schulleitungsverband. Der Gesundheitsschutz aller Beschäftigten in Schulen müsse sichergestellt sein, unterstreicht auch Laura Pooth, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Noch immer fehlten FFP2-Masken, Spuckschutzwände und Luftreinigungsgeräte. Die regionalen Hotspot-Regelungen, die Öffnungen bei Inzidenzen von über 100 verhindern, böten eine gewisse Planbarkeit. „Aber ein Wechselmodell ersetzt keinesfalls die fehlenden Investitionen in die Schulen und in die Bildung insgesamt. Wo bleiben die Milliarden aus den Corona-Geldern des Landes Niedersachsen?“, fragt die GEW-Landesvorsitzende. Wie reagiert die Politik? „Es ist ein erster Schritt in Richtung Normalität“, sagt Björn Försterling (FDP). „Aber ich kann verstehen, wenn Eltern ein ungutes Gefühl dabei haben, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Der Kultusminister hat zu wenig für die Sicherheit in den Schulen gemacht in den letzten zwölf Monaten der Pandemie.“ Ähnlich äußert sich Julia Willie Hamburg (Grüne). Im Sinne der Bildungsgerechtigkeit sei die Wiederherstellung der Präsenzpflicht gut, aber das Land habe zu wenig investiert, um die Schulen pandemiefest zu machen. Stefan Politze (SPD) lobt, dass sich der Kultusminister für die Belange der Schüler einsetze: „Die lange Zeit des Homeschoolings ist für viele eine Belastung für ihre mentale Gesundheit.“ Lesen Sie auch: Das sind die neuen Lockdown-Regeln in Niedersachsen: Alle Lockerungen im Detail Und was ist mit den Kita-Öffnungen? Niedersachsen verkünde als letztes Bundesland die Kita-Öffnung, heißt es vonseiten der Landeselternvertretung der niedersächsischen Kindertagesstätten. Das sei viel zu spät, sagt Vorsitzende Christine Heymann-Splinter. Viele Kita-Kinder hätten seit Monaten keinen Kontakt zu Gleichaltrigen, seien isoliert im familiären Umfeld, die Gewalt in Familien habe zugenommen. Die vergangenen zwölf Monate und ihre Auswirkungen müssten aufgearbeitet werden. Von Saskia Döhner