Corona-Regeln in Niedersachsen: Wirtschaft begrüßt Rücknahme der Osterruhe

Das Chaos um die von Bund und Ländern Montagnacht beschlossene und am Mittwoch wieder gekippte Osterruhe hat in Niedersachsen ganz unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Die niedersächsische Wirtschaft begrüßte die Rücknahme des umstrittenen Beschlusses. Die Kommunen zeigten sich enttäuscht, dass Tourismus im eigenen Land trotzdem nicht möglich sein soll. Die Ärzteschaft kritisierte die Möglichkeit von Mallorca-Reisen scharf. „Es ist erfreulich, dass die Politik in der Lage ist, Entscheidungen zu überdenken und zurückzunehmen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, der HAZ. Dafür habe er Respekt und sei auch ein bisschen dankbar. Müller rief die Politik auf, früher das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen, um das „Wirrwarr“ bei den Corona-Regelungen zu beenden. Wirtschaft in Niedersachsen ist zufrieden: „Wir sind froh, dass die massive Kritik an diesem Vorhaben auf fruchtbaren Boden gefallen ist“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Niedersachsen-Metall, Volker Schmidt. „Wir haben Respekt vor der Entscheidung der Bundeskanzlerin, den Fehler öffentlich einzugestehen. Gleichwohl wirft der gesamte Vorgang ein schlechtes Licht auf die Professionalität des Regierungsmanagements.“ Lesen Sie auch Merkel-Entschuldigung zur Osterruhe: Kretschmer nimmt Kanzlerin in Schutz, Ramelow appelliert an Bevölkerung Bundesregierung prüft Verbot von Urlaubsreisen ins Ausland Osterruhe gekippt: Was bedeutet das für die dritte Welle? Die Wirtschaft hatte am Dienstag vor Millionenverlusten durch die geplanten zwei zusätzlichen freien Tagen vor Ostern gewarnt. Man könne die Industrie nicht einfach so für eine verlängertes Wochenende herunterfahren. Müller hält das auch für unnötig. Die Wirtschaft habe mit Hygienekonzepten und Testungen dafür gesorgt, dass es kaum Corona-Ausbrüche in Unternehmen gebe. Schmidt forderte die Bundesregierung auf, sich nicht nur auf wenige, handverlesene Wissenschaftler als Ratgeber zu stützen. Die Kollision der Beschlüsse mit der Lebensrealität in Wirtschaft und Gesellschaft sei sonst vorprogrammiert. Kommunen in Niedersachsen sind enttäuscht: Enttäuscht sind die niedersächsischen Kommunen, dass der Tourismus im eigenen Land nicht ermöglicht wird. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte in der Bund-Länder-Runde seinen Plan vom „kontaktlosen Urlaub“ im eigenen Bundesland für die Osterruhe geopfert. „Das ist eine schallende Ohrfeige für die Tourismusdestinationen und für die Betriebe“, sagte Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages. „Es kann keinen Unterschied machen, ob sich die Menschen selbstversorgend in einer Ferienwohnung aufhalten oder in den eigenen vier Wänden.“ Der Städtetag fordert von der Landesregierung ein klares und rechtssicheres Verfahren zur Öffnung von Einzelhandel, Gastronomie und Tourismus mit Schnelltests. Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Martina Wenker, rief die Niedersachsen auf, Ostern zu Hause zu bleiben. „Alles, was im Moment dazu beiträgt, dass wir unsere Kontakte einschränken, ist eine wichtige Maßnahme.“ Wenker kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung, Mallorca-Urlaub zu erlauben. „Da bin ich fassungslos.“ Sie würde niemals in das Flugzeug einsteigen. FDP: Parlamente müssen entscheiden: „Das aktuelle Chaos zeigt sehr deutlich, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz als Entscheidungsgremium in der Corona-Krise überlebt hat“, erklärte der FDP-Fraktionschef im Landtag, Stefan Birkner. Derart weitreichende Entscheidungen müssten vorab diskutiert und öffentlich abgewogen werden. „Wir können uns keine weiteren Fehlentscheidungen leisten, die in nächtlichen Hinterzimmerrunden getroffen werden. Die Corona-Politik muss endlich in den Landtagen und dem Bundestag gemacht werden“, sagte Birkner. Die Verantwortung für das momentane Desaster liege nicht alleine bei der Kanzlerin, sondern auch bei Ministerpräsident Weil. Von Marco Seng