Wasserstoffzüge in Niedersachsen: Land will künftig komplett auf Diesel verzichten

Der sogenannte European Railway Award geht in diesem Jahr an das Wasserstoffzug-Projekt der Nahverkehrsgesellschaft des Landes (LNVG). Die hatte 2018 eine weltweite Vorreiterrolle übernommen, indem sie die Züge im Elbe-Weser-Netz zwischen Cuxhaven, Bremerhaven und Bremervörde zum Testbetrieb auf die Schiene brachte. Weil der erfolgreich verlief, werden dort von 2022 an nur noch Wasserstoffzüge zum Einsatz kommen. Herkömmliche Dieselfahrzeuge will die LNVG generell nicht mehr anschaffen. Fachjury sieht Perspektive für emissionsfreies Eisenbahnsystem: „Der Nachweis, dass alternative Technologien das gleiche Leistungsniveau bieten können, eröffnet die Perspektive eines vollständig emissionsfreien Eisenbahnsystems“, begründet die aus Konzernchefs der Eisenbahnindustrie, Vertretern der Europäischen Union und Fachjournalisten bestehende Jury ihre Wahl. Mit der am Montag bekanntgegebenen Auszeichnung befindet sich die LNVG in guter Gesellschaft; 2019 etwa war der European Railway Award an die Verantwortlichen für den Gotthard-Basistunnel in der Schweiz gegangen. Alstom-Werk in Salzgitter ist Marktführer: „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Unternehmen der öffentlichen Hand eine technologische Entwicklung dieser Tragweite auslöst“, sagt LNVG-Geschäftsführerin Carmen Schwabl. Dabei geht es um die Antriebstechnik: Eine Brennstoffzelle erzeugt Strom aus Wasserstoff. Die Energie wird in Lithium-Ionen Akkus gespeichert, die wiederum einen Elektromotor versorgen. Bisher kann ausschließlich der Alstom-Konzern in seinem Werk in Salzgitter Wasserstoffzüge serienreif produzieren. Siemens will in den nächsten Jahren nachziehen. Künftig nur noch Wasserstoff- oder Batterieantrieb: In Niedersachsen sind rund 40 Prozent des Netzes nicht elektrifiziert. Derzeit sind dort Dieselfahrzeuge unterwegs, von denen allein das Land 126 Triebwagen im Regionalverkehr einsetzt. Künftig will es keine mehr anschaffen, sondern wahlweise Wasserstoffzüge oder solche mit Batterieantrieb. Die einen sind laut Schwabl wegen ihrer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern Fahrstrecke für längere Strecken ohne Oberleitungen interessant, die anderen für kurze. Die Frage, welches Modell es sein soll, stellt sich als nächstes im Weser-Ems-Netz zwischen Wilhelmshaven, Oldenburg und Osnabrück. Von Bernd Haase