Wegen Corona: Zahl der Verkehrstoten in Niedersachsen auf Tiefststand

Im Jahr 2020 sind in Niedersachsen 370 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet worden. Das sind so wenig wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1953. Grundsätzlich sei diese Entwicklung erfreulich, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei der Präsentation der Verkehrsstatistik. „Mit großer Wahrscheinlichkeit hängt dieser Rückgang aber vor allem mit dem aufgrund der Corona-Pandemie allgemein gesunkenen Verkehrsaufkommen zusammen“, sagte der Innenminister. 2019 hatte es noch 432 Verkehrstote gegeben. Der Rückgang beträgt damit im Vergleich zum Vorjahr gut 14 Prozent. In ähnlichen Maß sind auch die insgesamt in Niedersachsen erfassten Verkehrsunfälle 2020 zurückgegangen: um gut 15 Prozent von 218.029 im Vorjahr auf 184.844. Überhöhte Geschwindigkeit bleibt Hauptursache: Trotz des historischen Tiefstands war es Innenminister Pistorius wichtig zu betonen, dass jedes Todesopfer im Straßenverkehr eines zu viel sei. „Keine Statistik kann abbilden, was der Verlust für Angehörige bedeutet“. Fernziel der niedersächsischen Verkehrspolitik bleibe daher die sogenannte „Vision Zero“, also die Verhinderung von Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang. Die häufigste Ursache für tödliche Unfälle war laut Innenministerium überhöhte Geschwindigkeit. Weitere Gründe waren demnach Vorfahrtsmissachtung, Fehler beim Überholen und Abbiegen sowie zu geringer Abstand zwischen den Fahrzeugen. Die Hauptursachen für Unfälle seien damit die gleichen wie in den Vorjahren. Mehr Tote bei Baumunfällen: Entgegen dem allgemeinen Trend nicht zurückgegangen ist die Opferzahl bei sogenannten Baumunfällen. Damit sind Kollisionen von Fahrzeugen mit am Straßenrand stehenden Bäumen gemeint. 121 Personen starben 2020 bei solchen Unfällen, eine mehr als im Vorjahr. „Fast jedes dritte Todesopfer ist also bei einem Baumunfall umgekommen“, sagte Pistorius. Die genauen Gründe dafür seien schwer zu ermitteln. Möglicherweise habe das insgesamt niedrigere Verkehrsaufkommen mehr Menschen zum Rasen verleitet, so der Innenminister. Fast alle tödlichen Baumunfälle passierten auf Landstraßen (117). Rund 80 Prozent der Todesopfer waren männlich. Um vermehrt für die Gefahren des Rasens auf Landstraßen zu sensibilisieren, will Niedersachsen eine landesweite Präventionskampagne starten. Pistorius spricht sich gegen Helmpflicht aus: Obwohl seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich mehr Fahrräder und Pedelecs verkauft werden, ist die Zahl der getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer um etwa 30 Prozent gesunken – von 73 auf 51. Die Zahl der bei Radunfällen schwer verletzten Personen blieb konstant. Auffällig ist, dass bei den tödlichen Radunfällen der Anteil der auf elektrisierten Rädern verunglückten Personen höher ist als je zuvor. Gut 43 Prozent des Getöteten waren auf Pedelecs unterwegs. Besonders gefährdet sind ältere Menschen: 17 von 22 tödlich verunglückten Pedelec-Fahrenden waren älter als 65. Obwohl mehr als die Hälfte der tödlich verunglückten Radfahrerinnen und Radfahrer keinen Helm trugen, sprach sich Pistorius auf Nachfrage gegen eine Helmpflicht aus. „Ich bin mir nicht sicher, ob uns das wirklich weiterbringt“, sagte er. 286 Unfälle mit E-Scootern: In der aktuellen Verkehrsstatistik erstmals komplett erfasst wurden die Mitte 2019 in Deutschland zugelassenen E-Scooter. Mit diesen gab es 2020 insgesamt 286 polizeilich erfasste Unfälle. 155 Menschen wurden dabei leicht verletzt, 21 schwer. Todesfälle gab es keine. Von Yannick von Eisenhart Rothe