Es war kein wirklich notwendiges Angebot, und trotzdem fanden sich viele Käufer: Mit der WikiLeaks-App können Smartphone-Nutzer WikiLeaks-Veröffentlichungen abrufen, auch wenn die Server der Seite über den normalen Webbrowser gerade nicht erreichbar sind. Als das Miniprogramm am Wochenende in die App-Stores für iPhone und iPad kam, erklomm die App schnell die Apple-internen Verkaufscharts. Bis Dienstagmorgen. Dann war das kleine Programm plötzlich nicht mehr erhältlich. Der Grund: Der US-Konzern Apple hatte es kurzerhand aus seinem Online-Verkaufsladen verbannt. Gründe für die Aussortierung nannte das Unternehmen nicht. Im Netz kursieren nun wütende Zensurvorwürfe.
Der Verdacht liegt nahe, dass sich das Unternehmen damit aus der Kontroverse zwischen US-Regierung und WikiLeaks heraushalten möchte. Zuvor hatten bereits andere Unternehmen wie Amazon, Visa oder Mastercard ihre Geschäftsbeziehungen zu WikiLeaks abgebrochen. Apple ist bekannt dafür, brisante Apps etwa mit politischer Satire oder Nacktfotos sperren zu lassen. Auch eine Art Countdown bis zum Amtsende von US-Präsident George W. Bush 2008 schasste Apple-Chef Steve Jobs mit der Begründung, er wolle „nicht die Hälfte seiner Kunden damit vor den Kopf stoßen“.
Kritiker beäugen die undurchsichtige Zulassungspolitik bei Apple jedoch mit Argwohn – schließlich publiziert der Computerkonzern längst auch viele internationale Zeitungen und Zeitschriften im Internet, die sich im Zweifel wohl auch den undurchsichtigen Firmenentscheidungen beugen müssten.
Und dennoch trifft Apple im Fall WikiLeaks vielleicht keine Schuld. Denn bei der App für iPhone und iPad handelte es sich nicht um ein offizielles WikiLeaks-Programm: Ein russischer Entwickler hatte die Software ausgearbeitet, um den Zugriff auf die WikiLeaks-Veröffentlichungen zu ermöglichen, auch wenn die Server nicht erreichbar sind. Der Entwickler gab Berichten zufolge an, einen Dollar des Preises von 1,99 Dollar (Deutschland: 1,59 Euro) an WikiLeaks zu spenden. Genau das verstößt gegen Punkt 20 in den App-Store-Zulassungsbedingungen. Dort ist festgelegt, dass Spenden-Applikationen kostenlos und durch eine Eingabemaske im Browser oder per SMS bezahlt werden müssen.