Einen besseren Termin für den Sendestart hätte sich Tele 5 kaum wünschen können. Während Deutschland auf fast allen Kanälen über Sexismus diskutiert, fragt der Nischensender ab heute Abend ab 23.10 Uhr allen Ernstes: „Who wants to fuck my Girlfriend?“ Familienfreundlich übersetzt heißt das ungefähr so viel wie „Wer will mit meiner Freundin schlafen?“. Das Konzept der Show klingt ebenso gewöhnungsbedürftig: Zwei Männer, die überzeugt davon sind, dass ihre Freundin die begehrteste ist, schicken ihre Liebste ins Rennen um eindeutige Angebote. Die Damen müssen im Bordell, im Café oder auf dem Straßenstrich beweisen, dass sie den Titel verdienen, „die Geilste zu sein“, wie der Sender es unverblümt nennt. Zu gewinnen gibt es nichts – abgesehen von einem Siegerkranz auf dem steht „Everybody wants to fuck my Girlfriend.“
Mit kalkulierter Provokation, dass ist offenbar das Kalkül, will Tele 5 endlich mal Quote machen. Die Aufregung war vor dem Start schon groß: Ist die Sendung von Produzent und Hauptdarsteller Christian Ulmen – vorgeblich eine Parodie des hemmungslosen Exhibitionismus in Casting-Shows – witzig? Oder ist sie frauenverachtend? Oder vielleicht sogar beides? Was Tele 5 halb-ironisch als „Gameshow für die ganze Familie“ ankündigte, provozierte nicht nur bei YouTube, Facebook und Twitter zahlreiche empörte Kommentare. Fast 1600 Menschen forderten in einer Petition, die an den Bayerischen Medienrat adressiert ist, die sofortige Absetzung der Sendung.
Die Kritik kann Provokateur Christian Ulmen nachvollziehen. Das Konzept sei vermeintlich eben sehr viel plumper als bei Casting- und Reality-TV-Formaten – auch wenn die letztlich ebenfalls auf „Who wants to fuck my Girlfriend?“ hinausliefen. „Der ,Bachelor‘ kommt in einem Gewand mit dem Charme einer luxuriösen Shopping Mall daher“, sagte Ulmen der Tageszeitung „Die Welt“. „Man muss sich schon fast anstrengen, um zu erkennen, dass da eigentlich alles scheiße ist“, ergänzte der 37-Jährige.
In „Who wants to fuck my Girlfriend?“ spielt der „Herr Lehmann“-Hauptdarsteller den Versager Uwe Wöllner. Den kennen Ulmen-Fans bereits aus der PRO7-Serie „Mein neuer Freund“. Das Konzept war so simpel wie genial: Freiwillige bekamen die Chance Geld zu gewinnen, wenn sie einen seltsamen Unbekannten glaubhaft ein paar Tage lang als ihren besten Freund ausgaben. Dass sich hinter Figuren wie dem dumpfen und immer distanzloseren Uwe Wöllner Schauspieler Ulmen verbarg, ahnten die Kandidaten freilich nicht. Und auch nicht, dass das Ganze gefilmt wurde. Wöllner, der zum Fremdschämen schmerzhaft vor Augen führte, wie lange Kandidaten bereit sind, sich für Geld zu erniedrigen, fand später auch auf www.ulmen.tv viele Fans. Dumm klickt eben gut.
Das dachte sich wohl auch Tele 5. Sogar Senderchef Kai Blasberg spielt bei Ulmens Spin-Off bereitwillig mit. Er habe bereits eine Ausgabe gesehen, sagte er nach dem Shitstorm im Vorfeld. Er schäme sich zu Tode. Gesendet wird dennoch. Oder vielmehr: gerade deswegen.
Von Nora Lysk und Karsten Röhrbein