Außerdem haben sich Opfer gemeldet, die nicht an Jesuiten-Schulen waren, wie die von dem Orden beauftragte Anwältin Ursula Raue am Donnerstag in Berlin sagte. „Das hat eine Dimension angenommen, die bisher nicht zu ahnen war.“ Bundesweit hätten sich bis jetzt 115 Missbrauchsopfer gemeldet.
Die Anwältin legte im Theater am Kurfürstendamm ihren Zwischenbericht zu dem massenhaften Missbrauch vor, anschließend wollte der Jesuiten-Orden in München eine Erklärung abgeben. Nach Raues Worten berichten die Opfer vor allem von Manipulationen an ihren Genitalien und von zudringlichen Zärtlichkeiten, weniger von körperlichen Verletzungen.
Sie habe auch Berichte über Opfer, die sich das Leben genommen hätten, sagte die Anwältin. Manche Männer offenbarten sich zum ersten Mal und hätten selbst mit ihren Ehefrauen zuvor nicht über ihr Leid gesprochen. Erstaunlich sei, dass es in den Personalakten des Jesuitenordens, die sie ausgewertet habe, an keiner Stelle um das Seelenleben der Kinder gehe. Das Berliner Canisius-Kolleg hatte im Januar die ersten Missbrauchsfälle bekanntgemacht. Immer mehr Opfer meldeten sich, auch von den Jesuiten-Schulen St. Blasien im Schwarzwald und Aloisiuskolleg in Bonn. Die bisher bekanntgeworden Fälle sexuellen Missbrauchs hatten sich in den 70er und 80er Jahren zugetragen.
Auch an einer Schule der katholischen Pallottiner-Gemeinschaft in Rheinbach bei Bonn ist es früher zu Missbrauchfällen gekommen. Das bestätigte der Provinz-Pressereferent der Pallottiner, Nicolas Schnall, am Donnerstag. Es handele sich dabei um drei bekannte Fälle mit Jugendlichen aus den 60er Jahren im früheren Konvikt St. Albert. Der betroffene Pater sei damals suspendiert worden.
dpa