Mehr als zwei Tage nach dem schweren Erdbeben im Westen Chinas steigt die Zahl der Toten weiter an: Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete am Freitagabend von mehr als 1140 Toten, mehr als 400 weitere wurden noch vermisst. Inzwischen erreichten die ersten Hilfstransporte das abgelegene Katastrophengebiet im tibetischen Hochland der der Provinz Qinghai.
In der Stadt Jiegu, die bei dem Beben am frühen Mittwochmorgen fast völlig zerstört wurde, stand den Rettern am Freitag erstmals schweres Räumgerät zur Verfügung - zwei Tage lang hatten sie mit bloßen Händen und Behelfswerkzeug nach Überlebenden suchen müssen. Auch die ersten Konvois mit Zelten, Lebensmitteln, Toiletten und Medikamenten trafen in dem schwer zugänglichen Gebiet ein. Es wurde höchste Zeit: Viele der rund 100.000 Obdachlosen hatten bereits die zweite Nacht bei Minustemperaturen im Freien hinter sich, die Verletzten konnten nur notdürftig versorgt werden, Lebensmittel wurden knapp.
Ministerpräsident Wen Jiabao übernahm am Freitag persönlich die Koordinierung der Hilfe vor Ort. Peking werde alles tun, um den zerstörten Bezirk Yushu wieder aufzubauen, sagte Wen im Fernsehen. Zum Abschluss seines zweitägigen Besuchs beschwor der Regierungschef die „nationale Einheit“ des Landes: Nur durch sie gelänge es, „Katastrophen wie diese zu bewältigen“. In der Region leben mehrheitlich Tibeter, viele von ihnen sind Anhänger des Dalai Lama.
Nach wie vor haben viele der auf das Hochplateau entsandten Soldaten, Polizisten und anderen Retter in der dünnen Luft mit der Höhenkrankheit zu kämpfen. Sprachprobleme sorgten für zusätzliche Komplikationen: Viele Helfer verstehen die Einwohner nicht, bei der Versorgung der Verletzten kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Peking entsandte daraufhin aus allen Teilen des Landes 500 Übersetzer in das Gebiet. Darüber hinaus beteiligten sich dutzende tibetischer Mönche an der Bergung der Leichen und Versorgung der Überlebenden. Allein aus der Nachbarprovinz Sichuan, wo vor fast zwei Jahren 87.000 Menschen bei einem Beben umkamen, hätten 28 Klöster Hilfe entsandt, sagte einer von ihnen.
afp