Der Angeklagte im Prozess hatte mit anderen Aktivisten gegen den Irakkrieg protestiert und die Zufahrt zum US-Luftwaffenstützpunkt Rhein Main in Frankfurt blockiert (Az. 1 BvR 388/05). Bei der Blockadeaktion handele es sich zwar im Rechtssinn um Gewaltausübung, entschied das Gericht. Dennoch falle sie unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 Grundgesetz.
Bei der strafrechtlichen Beurteilung müsse abgewägt werden, ob die eingesetzten Mittel im Verhältnis zum Ziel als verwerflich anzusehen sind. In diesen Fällen sind sie nicht als Nötigung strafbar, entschied das Gericht und hob die strafrechtliche Verurteilung des Demonstranten auf.
Bei der Abwägung seien unter anderem zu berücksichtigen: „Die Dauer und die Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, die Dringlichkeit des blockierten Transports (...).“ Dies habe das Landgericht Frankfurt nicht ausreichend geprüft. Die Karlsruher Richter hoben die Verurteilung auf und wiesen den Fall zurück.
Das höchste deutsche Gericht bestätigte allerdings erstmals ausdrücklich, dass auch indirekte Einwirkungen grundsätzlich als „Gewalt“ im Sinne des Nötigungs-Paragrafen strafbar sein können. Lange Zeit war umstritten, ob eine Sitzblockade überhaupt Gewalt sein kann. Die Strafgerichte halfen sich mit einem Kniff: Der erste Fahrer halte an, weil er durch psychischen Zwang daran gehindert werde, weiter zu fahren. Das allein sei noch keine Gewalt. Die folgenden Fahrzeuge könnten jedoch tatsächlich nicht weiterfahren, selbst wenn sie skrupellos genug wären, es zu tun. Hierin liege eine körperliche Gewaltausübung, die grundsätzlich als Nötigung strafbar sein kann.
dpa