In der SPD sorgt der geplante Ausschluss von Thilo Sarrazin weiter für Unruhe. Am Dienstag wurden Forderungen nach einer Befragung der Parteibasis laut. „Ich bin dafür, dass die Mitglieder selber entscheiden“, sagte der SPD-Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, der „Bild“-Zeitung. In der Hauptstadt-Partei gebe es sicher eine Mehrheit für den Verbleib des suspendierten Bundesbank-Vorstands.
Der Vorstand des Berliner SPD-Landesverbandes hatte am Montagabend beschlossen, gegen Sarrazin wegen dessen Thesen über Zuwanderer ein Ordnungsverfahren mit dem Ziel des Ausschlusses einzuleiten. Es gab nur eine Gegenstimme und eine Enthaltung.
Der Managerkreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung zog ebenfalls Konsequenzen. Man habe sich in gegenseitigem Einvernehmen darauf verständigt, dass Sarrazin nicht für den stellvertretenden Vorsitz kandidiere und aus dem Vorstand ausscheide, sagte Geschäftsführer Werner Rechmann dem „Handelsblatt“. Dem Kreis gehören 1300 Führungskräfte aus der Wirtschaft an. Vergangenes Jahr war der frühere Berliner Finanzsenator dort als Vorsitzender im Gespräch.
Nach Ansicht des früheren Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) würde Sarrazins Rauswurf der SPD schaden. Der ehemalige Bahn-Manager habe nur von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Der aus der SPD ausgetretene frühere Wirtschaftsminister Wolfgang Clement riet den Sozialdemokraten in „Focus Online“, die Vorschläge Sarrazins aufzugreifen. Dagegen nannte ihn Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) einen „Rattenfänger“, weil er fragwürdige Thesen über vererbbare Intelligenz verbreite.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf Bundespräsident Christian Wulff eine „juristisch unkluge“ Einmischung in der Sarrazin-Debatte vor. „Wer die letzte Entscheidung trifft, sollte sich vorher in Schweigen hüllen“, sagte sie „Spiegel Online“. Wulff muss über die von der Bundesbank beschlossene Abberufung Sarrazins entscheiden. Vergangene Woche hatte er zu dem Fall gesagt: „Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet - vor allem auch international.“
Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özgan (CDU) will Zuwanderer stärker in die Pflicht nehmen. Integration sei auch eine Bringschuld von Migranten, sagte die türkischstämmige Ministerin. Dazu gehöre auch, dass sich Eltern für den Schulerfolg ihrer Kinder engagierten.
dpa