Die Europawahl hat alles Mögliche gezeigt, darunter auch das: Deutschland ist gespalten. Während im Westen vielerorts die Grünen triumphieren, liegt im Osten vielerorts die AfD auf Platz eins – so auch in Brandenburg und Sachsen, wo am 1. September Landtagswahlen anstehen. Das lässt für den Wahltag nichts Gutes erahnen.
Wer optimistisch ist, der kann vielleicht darauf setzen, dass die Wähler in Ostdeutschland die Europawahl noch einmal als Denkzettelwahl angesehen haben – wissend, dass sich der politische Schaden an der Stelle in Grenzen hält, während sich dies für Landtagswahlen nicht mehr sagen ließe.
Sicher sein kann man sich da aber keineswegs. Denn der Rückhalt für die wie in Thüringen teilweise offen rechtsradikale Partei ist seit längerem stabil. Dass die AfD in den ostdeutschen Umfragen zuletzt hinter dem Wahlergebnis vom Sonntag rangierte, könnte auch damit zu tun haben, dass potenzielle AfD-Wähler ihre Absichten Demoskopen nicht immer offenbaren.
Es fehlt das Vertrauen
So oder so ist guter Rat jetzt teuer. Zwar werfen derzeit alle Parteien in die ostdeutsche Waagschale, was sie haben. Ostpapier folgt auf Ostpapier. Die Schwierigkeiten im Ost-West-Verhältnis – die wirtschaftliche Kluft, das Fehlen der Ostdeutschen in den Eliten, teils kulturelle Differenzen – werden offener denn je angesprochen.
Doch der Wahlsonntag legt den Schluss nahe, dass all die Bemühungen nicht fruchten, was wiederum vermuten lässt, dass die Probleme tiefer liegen. Auch fehlt wohl das Vertrauen, dass die Aufmerksamkeit für den Osten anhält, wenn die Ost-Landtagswahlen im Herbst vorüber sind.
Gescheitert ist jedenfalls die Strategie von Teilen der Ost-CDU, der AfD das Wasser abzugraben, indem sie ihnen – teils sehr bereitwillig – auf halbem Weg entgegen kommen. Dadurch wird das Problem eher größer als kleiner.
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Von Markus Decker/RND