Zuvor waren auf der Internetplattform Facebook lange Listen von Orten veröffentlicht worden, an denen angeblich Guttenberg-Befürworter am Sonnabend um 13 Uhr ein Zeichen setzen wollten.
In Berlin kamen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Demonstranten bereits auf, als Alexander M., Anmelder der Kundgebung in Berlin-Mitte, seine Unterstützung für den einstigen Verteidigungsminister nur mit scheinbar ungelenken Worten begründen konnte: „Der ist gut, und der ist kompetent, und der ist auf jeden Fall auch nett“, stammelte der 28-Jährige, der seinen vollen Namen nicht nennen wollte – angeblich, weil er gerade selber an seiner Doktorarbeit schreibt.
Zur Farce entwickelte sich die Veranstaltung am Brandenburger Tor, als ein junger Mann mit Pappkrone für die Monarchie warb. Ein Redner mit Megafon – der sich als Felix Krull vorstellte – schwadronierte zu Marschmusik und unter dem Gejohle seiner Mitstreiter, Guttenberg werde keine Fußnote der Geschichte bleiben: „Du kommst zurück – auferstanden am dritten Tag!“
Doch nicht jedem gefiel das Schauspiel am Pariser Platz, denn unter mehreren Dutzend Demonstranten fanden sich auch einige, die nach dem öffentlichen Aufruf tatsächlich ihre Solidarität mit dem Exminister zeigen wollten. So hatte Stephan Görsch, ein 26-jähriger Programmierer, eine eigene ernst gemeinte Pro-Guttenberg-Demonstration abgeblasen, um die vermeintlich größere Kundgebung am Brandenburger Tor zu unterstützen. Doch gegen die lautstarke Spott-Demo konnte er letztlich ebenso wenig ausrichten wie Gisela Bolt. Die Rentnerin aus dem Stadtteil Tempelhof war eigens in die City gekommen, um für Guttenberg zu demonstrieren. Als sie feststellte, dass sie auf die falsche Veranstaltung geraten war, blieb ihr nur noch Bedauern: „Das ist aber schade – dann kann ich ja wieder gehen.“
In Hannover, wo nach im Internet kursierenden Informationen am Opernplatz eine Pro-Guttenberg-Aktion hätte stattfinden sollen, fanden sich keine Demonstranten ein. Lediglich ein älteres Ehepaar erkundigte sich bei den wartenden Pressefotografen nach der Demonstration. Nach eigenen Angaben wollten sich die beiden an dem Protest beteiligen. Weil aber keine Demonstranten kamen, verschwand auch das Ehepaar wieder.
Im fränkischen Ort Guttenberg dagegen, der Heimat des zurückgetretenen Ministers, versammelten sich echte Unterstützer des jungen CSU-Politikers. „Karl-Theodor – wir stehen zu dir“, hieß es auf Plakaten, Transparenten – und auf selbst gebackenen Torten. Am deutlichsten wurde Landwirt Adolf Hildner, der sich für sein Plakat den Slogan einfallen ließ: „Der Beste musste gehen. Die Verbrecher bleiben stehen.“
Riesenbeifall brandete auf, als Karl-Theodors Vater Enoch zu Guttenberg über eine Leiter auf einen Traktoranhänger stieg und ans Mikrofon trat. „Danke für Ihre liebevolle Verbundenheit, danke, danke für Ihre Liebe“, sagte der 64 Jahre alte Dirigent. Wenige Minuten vor der Kundgebung habe er noch mit seinem Sohn telefoniert. „Er schickt Ihnen sein Herz und verspricht Ihnen seine Treue, mehr hat er nicht gesagt“, berichtet Enoch zu Guttenberg. Die ganze Familie habe unter den Angriffen „unter die Gürtellinie“ gelitten. „Dieser Geifer und dieser Jagdrausch der politischen Gegner machen Angst um das Verbleiben der Mitmenschlichkeit in unserem Land“, sagt der Musiker. So etwas habe er nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht erlebt und auch nicht mehr für möglich gehalten.
Axel Hofmann und Mathias Klein