Bundestagswahl 2021: Niedersachsens Grüne rangeln um Spitzenpositionen

Noch vier Monate dauert es, bis die Grünen in Oldenburg ihre Landesliste für die Bundestagswahl im Herbst aufstellen. Doch dass zwei mehr oder minder prominente grüne Männer bereits verkündet haben, wer aus ihrer Sicht an die Spitze rücken soll, hat Irritationen in der basisorientierten Partei ausgelöst. So ließen Jürgen Trittin und Sven-Christian Kindler wissen, dass sie gewissermaßen die Plätze tauschen wollten. Trittin, seit 1998 stets männlicher Spitzenkandidat der niedersächsischen Grünen wolle seinen Platz 2 auf der Liste für den Hannoveraner Sven-Christian Kindler freimachen, der seinerseits von 4 auf 2 rücken sollte, teilte Kindler über die sozialen Medien mit. „Das wirkt wie ein abgekartetes Spiel“, heißt es nun in der Partei. Und: „Ohne Not und völlig zur Unzeit.“ Auch für erfahrene Kandidaten kann es eng werden: Parteichefin Anne Kura versucht, zu vermitteln. Das Verfahren, das einige als Kungelei empfinden, sei „nicht ungewöhnlich“. Denn schließlich hätten Trittin und Kindler ja nur angekündigt, für bestimmte Positionen kandidieren zu wollen. „Am Ende entscheiden basisorientiert die Delegierten“, sagt Kura. Der frühere niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel hat angesichts der frühen öffentlichen Diskussion jetzt angekündigt „irgendwo zwischen Platz zwei und Platz zehn“ antreten zu wollen. Doch könnte es selbst für erfahrene Männer wie ihn eng werden. Denn die Grünen besetzen die Plätze nach dem Reißverschlussprinzip: Auf eine Frau folgt ein Mann. Und unter drei Kandidaten und Kandidatinnen soll immer jemand sein, der noch kein Mandat hatte. Das gilt zumindest für einen der prominentesten Altvorderen, der für einen Bundestagssitz kandidiert – für den ehemaligen Verdi-Chef Frank Bsirske (68). Bsirske sagt nicht, auf welchen Listenplatz er schaut. Es sollte ein Platz sein, „der die Kandidatur exponiert“, meint der langjährige Verdi-Chef, der als Brückenbauer zu den Gewerkschaften auftreten soll. Würden die Grünen so schlecht abschneiden wie bei der Bundestagswahl 2017, als sie 8,7 Prozent ergatterten, müsste dies Platz sechs sein. Doch Umfragen signalisieren aktuell ein wesentlich besseres Abschneiden. Bei den Listenwünschen der Frauen geht es ruhiger zu: Der 66-jährige Trittin tritt übrigens wieder in Göttingen an, weshalb der bei Göttingen wohnende Wenzel in den Norden nach Cuxhaven ausgewichen ist. Wenzel wundert sich, warum man sich in Grünen-Hochburgen wie Hannover (Kindler) oder Göttingen (Trittin) nicht auch Direktmandate zutraue. Trittin wie auch Bsirske werden von den derzeit sehr selbstbewussten Grünen als mögliche Verhandlungsführer genannt, sollte es in Berlin um eine Regierungsbildung gehen. Angesichts dieser Ballung von männlicher Prominenz könnte es für andere Kandidaten schwierig werden, nach vorne zu kommen, etwa für den Landtagsabgeordneten Helge Limburg, der in Hannover aktuell die Landtagsfraktion managt, auch für den Bundestagsabgeordneten Ottmar von Holtz aus Hildesheim. Bei den Listenwünschen für die Frauen geht es übrigens ruhiger zu. Hier sind Filiz Polat aus Bramsche und Julia Verlinden aus Lüneburg im Gespräch. Lesen Sie auch Frank Bsirske will in den Bundestag für Niedersachsens Grüne Von Michael B. Berger