Die Opposition aus CDU und FDP ist am Mittwoch mit der Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) hart ins Gericht gegangen. CDU-Fraktionschef Björn Thümler vermisste die Ankündigung konkreter Projekte in der Rede Weils, die ein Dokument der „Arbeitsverweigerung“ sei. Stattdessen verschiebe Rot-Grün die Arbeit „in nicht weniger als 20 Kommissionen und Runde Tische“, sagte Thümler.
Das rot-grüne Koalitionsabkommen enthalte „viel Klientel-Sprache und wenig Klartext“, die neue Regierung verdiene schon jetzt die Auszeichnung „Sprachpanscher des Jahres“. Thümler bezeichnete es als fahrlässig, dass Rot-Grün etliche Verkehrsprojekte aus der Liste des Bundesverkehrsministers streiche, zur künftigen Wirtschaftspolitik aber fast nichts sage. Der neuen Landesregierung falle „ein solider Haushalt in den Schoß“, meinte Thümler, der vor allem Weils Steuererhöhungspläne kritisierte. Die Rede Thümlers war von heftigem Beifall von Seiten der Opposition begleitet.
Für die SPD verteidigte die neue Fraktionschefin Johanne Modder den Regierungschef. Sie warf der CDU vor, immer noch arrogant aufzutreten und die Wahlniederlage nicht verkraftet zu haben. Die neue Landesregierung werde die Studiengebühren abschaffen, eine humanere Flüchtlingspolitik verwirklichen und im Dialog mit der Landwirtschaft eine Agrarwende herbeiführen. Modder lastete der Vorgängerregierung an, in zehn Jahren eine Schuldenlast produziert zu haben, die um 50 Prozent höher sei als vor Regierungsantritt.
Modder bezichtigte den früheren Wirtschaftsminister Jörg Bode „Unternehmerfreunden direkt Subventionen in Millionenhöhe zugeschustert“ zu haben - eine Behauptung, die Bode in einer persönlichen Erklärung empört zurückwies. Bode forderte Modder auf, ihre Bemerkung zurückzunehmen, was sie nicht tat.
Mit beißendem Spott bedachte FDP-Chef Stefan Birkner die vielen Kommissionen, die Rot-Grün einsetzen will. „Mein persönliches Highlight ist die Eiweiß-Strategie". Er warf der neuen Regierung vor, mit ihrer Bildungspolitik den Gymnasien den Todesstoß zu versetzen. Der rot-grüne Start in Niedersachsen sei „ideenlos, planlos und lustlos", meinte Birkner.
Die Fraktionsvorsitzender der Grünen, Anja Piel, wies einige Vorwürfe Birkners zurück, vor allem den, eine „sozialromatisch" verklärte Bildungspolitik zu betreiben. Stattdessen nehme Rot-Grün den Eltern- und Bürgerwillen ernst. Der Besuch einer Integrierten Gesamtschule dürfe nicht nur das Privileg von Kindern in Göttingen bleiben, sondern müsse Kindern im Harz und in Ostfriesland genauso möglich gemacht werden. „Anders als behauptet, wollen wir auch nicht den ökologisch geführten Hof als Freilichtmuseum", sagte Piel, die ihre erste Rede im Landtag hielt.
Auf Spott der FDP, die neue Regierung habe ihre zwei Aufsichtsmandate bei VW ausschließlich mit Männern besetzt, entgegnete Piel, die FDP habe ihre vier Vorstandsposten ausschließlich mit Männern besetzt. Auch die CDU habe bei 17 Ämtern im Vorstand und als Arbeitskreisvorsitzende gerade mal drei Frauen als würdig erachtet, sie mit einer neuen Aufgabe zu betrauen.
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