Haushalt in Niedersachsen verabschiedet: Viel Geld, wenig Visionen

Der Landeshaushalt 2020 in Niedersachsen ist beschlossen. Nach vier Tagen Streit zwischen Regierung und Opposition um jeden Einzelplan, nach mancher Schaufensterdebatte und vielen Zahlenspielereien hat die große Mehrheit von SPD und CDU ihren Willen – wie nicht anders zu erwarten – zu 100 Prozent durchgesetzt. Die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden durchweg abgelehnt. Am Ende lagen sich die Spitzenpolitiker der Koalition in den Armen, als hätten sie ein Fußballspiel gewonnen. Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments, keine Frage. Doch das Prozedere scheint zumindest teilweise überkommen und reformbedürftig. Große Überraschungen sind angesichts einer satten Mehrheit ohnehin nicht zu erwarten. Eine Rekordmarke – bei üppigen Steuereinnahmen: Trotzdem ist der Haushalt 2020 wegen seiner Kennzahlen ein durchaus bemerkenswerter Etat. Die 34,7 Milliarden Euro, die das Land im kommenden Jahr ausgeben will, sind ein Rekordwert für Niedersachsen. Die Steuereinnahmen sind trotz leicht sinkender Tendenz immer noch sehr üppig. Wenn Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) seine Kabinettskollegen gelegentlich zur Ausgabendisziplin mahnt, hat er angesichts dieser Summen nur wenige Argumente. Eine Regierung, die viel Geld ausgeben kann, tut das in der Regel auch. Die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamte, die lange als Tabu galt, ist ein Beleg dafür. Opposition schießt über das Ziel hinaus: Das muss nicht immer verkehrt sein. Das Land erhöht im kommenden Jahr die Investitionsausgaben deutlich auf knapp 2 Milliarden Euro, viel Geld fließt zudem in die Sondervermögen für Digitalisierung und Universitätsmedizin. Für Bildung und Forschung will die Landesregierung mehr als 10 Milliarden Euro ausgeben. Das ist prinzipiell gut angelegtes Geld, das sind wichtige Zukunftsinvestitionen. Auch für das zu lange unterschätzte Problem Clankriminalität ist endlich Geld da. Die fundamentale Kritik der Opposition schießt übers Ziel hinaus. Wo ist die Vision für Niedersachsen 2030: Die große Koalition krankt eher daran, dass sie wenig Visionen für das Land hat. Was will man am Ende der Legislaturperiode erreicht haben? Oder noch besser: Wie soll Niedersachsen 2030 aussehen? Daran hängen wichtige Themen, für die eine längerfristige Finanzplanung notwendig ist – und die vielleicht auch deshalb von SPD und CDU eher zaghaft angegangen werden: demografische Entwicklung, Wohnungsnot, fehlende Kitaplätze, Klimaschutzziele, Verkehrsplanung. Debatte um schwarze Null ist bedenklich: Bedenklich stimmt die neu entflammte Debatte um die schwarze Null im Haushalt. Eine zusätzliche Neuverschuldung – mit der vor allem SPD und Grüne liebäugeln – sollte angesichts der Rekordeinnahmen des Landes überhaupt keine Option sein. Jetzt ist eher die Zeit, den Abbau des Schuldenberges von mehr als 60 Milliarden Euro voranzutreiben. Lesen Sie auch: So erklärt die große Koalition den Haushalt Von Marco Seng

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