Es geht um die umstrittene Promifeier „Nord-Süd-Dialog“, die Ende 2009 auf dem Flughafen Langenhagen stattfand. Wulffs Regierung hatte behauptet, es habe keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land gegeben – obwohl das Landwirtschaftsministerium ein Buchpräsent mitfinanzierte und der damalige Staatssekretär Olaf Glaeseker maßgeblich an der Vorbereitung beteiligt war.
Bundespräsident Christian Wulff bezeichnete die Vorwürfe gegen seine frühere niedersächsische Landesregierung am Sonntag als „ernsten Vorgang“ , sieht aber keine eigenen Versäumnisse. Er widersprach dem Eindruck, seine Regierung habe das Parlament belogen. Die gegen ihn und seinen ehemaligen Sprecher erhobenen Vorwürfe seien „keine einfache Situation“, meinte Wulff, der vor Vorverurteilungen seines ehemaligen Sprechers Glaeseker warnte.
Gegen Glaeseker ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Laut „Bild am Sonntag“ soll der frühere Sprecher Christian Wulffs erheblich von seinen Beziehungen zum Partyveranstalter Manfred Schmidt profitiert haben. So habe Glaeseker neben Gratisurlauben auch Gratisflüge erhalten und sei allein 2011 mindestens fünfmal umsonst geflogen – in die Türkei und nach Mallorca. Dafür habe er Schmidts VIP-Karte von Air Berlin benutzt. Schmidt hat auch den umstrittenen „Nord-Süd-Dialog“ auf dem Langenhagener Flughafen organisiert. Die Rechnung für die Veranstaltung ging nach Informationen dieser Zeitung nicht an ihn, sondern an eine Stuttgarter Agentur namens Feinschliff.
Niedersachsens Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte Wulff zum Rücktritt auf. Er sei ein Lügner und sollte seinen Hut nehmen, sagte Wenzel. Sein SPD-Kollege Stefan Schostok erwartet eine Klärung durch den Staatsgerichtshof. Den Versicherungen Wulffs glaubt Schostok nicht. „Um dem Märchen zu begegnen, Wulff habe bestimmt nichts von den Umständen des ,Nord-Süd-Dialogs‘ gewusst, muss man nur die „Cui bono“-Frage stellen: Wem hat der ,Nord-Süd-Dialog‘ genutzt? Wer hielt Hof? Um wen versammelten sich die Sponsoren?“
Die Wulff-Glaeseker-Affäre überschattete auch die CDU-Vorstandsklausur in Walsrode. CDU-Chef David McAllister betonte, seine Regierung habe nicht das Parlament belogen. In der amtierenden Landesregierung gilt jetzt vor allem Glaeseker als „Sündenbock“.
Wulff verliert derweil an Rückhalt in der Bevölkerung. In einer neuen Umfrage sprach sich erstmals eine deutliche Mehrheit für einen Rücktritt des Staatsoberhauptes aus.
Michael B. Berger und Reinhard Urschel