Selbst Dominique Strauss-Kahn in New York trägt sie, die moderne Variante des alten Klotzes am Bein. Wenn also die Landesregierung am Dienstag mit der Einführung der elektronischen Fußfessel den erwarteten justizpolitischen Schritt ins neue Jahrtausend tut, soll der gemeine niedersächsische Schwerkriminelle nicht mehr anders behandelt werden als derzeit der wegen Vergewaltigung angeklagte frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds. Stimmt auch der Landtag zu, schließt sich Niedersachsen zum kommenden Jahr der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) im hessischen Bad Vilbel an.
Die elektronische Fußfessel enthält eine sogenannte SIM-Karte, wählt sich wie ein Handy in das Mobilfunknetz ein und ist vor allem für ehemalige Straftäter gedacht, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Seit diesem Jahr kann ein Richter anordnen, dass ihnen im Rahmen der anschließenden Führungsaufsicht eine elektronische Fußfessel angelegt wird. Einem rückfallgefährdeten Sexualstraftäter kann so aufgegeben werden, einen großen Bogen um Spielplätze zu machen. Tut er dieses nicht, wird er zunächst durch einen Vibrationsalarm gewarnt. Bleibt er in der Verbotszone, wird die Überwachungszentrale in Bad Vilbel aktiv und fragt per Handy nach. Reagiert er auch darauf nicht, wird die Polizei alarmiert.
Die GÜL ist in Hessen angesiedelt, weil das Bundesland die Überwachung über Fußfessel schon seit elf Jahren testet. Das kleine Gerät, das am Knöchel unter der Hose getragen werden kann, wird daher auch „Hessenfessel“ genannt. Das Land habe gute Erfahrungen damit gemacht, erklärte Justizminister Jörg Uwe Hahn (FDP) im vergangenen Jahr und empfahl den bundesweiten Einsatz.
„Das funktioniert sogar im Harz.“
Was im Rhein-Main-Gebiet kein Problem sein dürfte, stellt sich nur auf den ersten Blick im Flächenland Niedersachsen als schwierig dar, versichert ein Sprecher des Justizministeriums in Hannover. Kein entlassener Schwerkrimineller werde mit seiner Fußfessel durch eines der vielen Funklöcher in Niedersachsen entweichen können. „Das funktioniert sogar im Harz.“
Neben der Funkzellenortung steht noch GPS zu Verfügung, wie es in Navigationsgeräten installiert ist. Das wiederum lässt den ein oder anderen Fehlalarm erwarten: GPS braucht viel Strom und muss daher einmal täglich zwei Stunden lang aufgeladen werden. Ist der Akku leer, schickt die Fußfessel ebenfalls ein Warnsignal nach Hessen.
Nicht nur Sicherungsverwahrte, auch gewöhnliche Schwerverbrecher kommen laut Strafgesetzbuch für die Fußfessel infrage. Einen Vorschlag von Niedersachsens Innenminister für die weitere Verwendung hat allerdings auch nach Jahren noch niemand aufgegriffen: Uwe Schünemann (CDU) hatte sie einst radikalen Islamisten anlegen wollen.