Tempolimit von 130 auf Autobahnen? Die Grünen wollen Raser ausbremsen

Gilt bald Tempo 130 auf den Autobahnen in Deutschland? Eine solche Maßnahme hat Grünen-Parteichef Robert Habeck im Fall einer Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl 2021 angekündigt – und damit eine Debatte um ein generelles Tempolimit ausgelöst. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) unterstützt den Vorstoß. Die Grünen in Niedersachsen wollen die Höchstgeschwindigkeit sogar auf 120 Stundenkilometer begrenzen. Scharfe Kritik kommt von CDU und FDP. Kein Recht auf Rasen: Habeck sagte dem Nachrichtenportal „The Pioneer“, dass man ein Tempolimit von 130 auch gegen einen möglichen Koalitionspartner durchsetzen werde. „Das ist wahrscheinlich die erste Maßnahme einer neuen Regierung, wenn die Grünen dabei sind.“ Dafür brauche es nur eine Gesetzesänderung. Es gebe mittlerweile mehr Leute, die das Tempolimit wollten, sagte Habeck. „Es gibt kein Recht auf Rasen in Deutschland.“ Habecks Vorstoß sorgte beim möglichen Koalitionspartner CDU für wenig Begeisterung. „Wir haben keine Zeit für Sommerlochthemen“, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak unserem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Seine Partei arbeite „mit ganzer Kraft“ gegen die Corona-Krise und ihre Folgen an. Weil: Schlussstrich unter Debatte ziehen: Niedersachsens Ministerpräsident Weil dagegen sagte der HAZ: „Ich finde, wir könnten nach der jahrzehntelangen Diskussion um eine Tempobegrenzung auf den Autobahnen endlich einen Schlussstrich ziehen.“ Er ergänzte: „Ich kenne auch die Gegenargumente zu einem Tempolimit, aber Erfahrungen aus anderen Staaten zeigen auch, dass ein Limit von Tempo 130 den Verkehrsfluss verbessern kann.“ Modellprojekt auf A2: Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) warf Habeck vor, mit der Tempo-130-Diskussion lediglich seine Regierungsambitionen untermauern zu wollen. „Das erscheint mir angesichts der akuten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unseres Landes wenig sinnvoll“, sagte Althusmann der HAZ. Niedersachsen sei mit der flexiblen Verkehrslenkung auf Autobahnen schon einen Schritt weiter. „Das hilft dem Klimaschutz und dient der Verkehrssicherheit.“ Althusmann verwies zudem auf ein Modellprojekt auf der A2, mit dem die Auswirkungen eines Tempolimits untersucht werden sollen. „Habeck versucht hier eine populistische Klientelpolitik zu betreiben, die sich nicht für Problemlösungen, sondern nur für Imagebildung interessiert“, sagte auch der FDP-Fraktionsvize im Landtag, Jörg Bode. Ein pauschales Tempolimit sei weder für den Klimaschutz noch aus Sicherheitsgründen sinnvoll. „Denn Raser interessieren sich nicht für Tempolimits“, sagte Bode. Für eine Unfallminimierung sei eine flexible digitale Steuerung erfolgreicher als eine Steuerung über Blechschilder. Grüne diskutieren Tempo 120: Die Grünen im niedersächsischen Landtag hatten vor einem Jahr eine Bundesratsinitiative zur Einführung von Tempo 120 beantragt. „Wir verschließen uns aber natürlich auch einem Tempolimit 130 nicht“, sagte Fraktionschefin Julia Willie Hamburg jetzt. Dessen Einführung sei überfällig. „Hohes Tempo führt zu Unfällen, es verletzt und tötet Menschen und es verursacht erhöhte klimaschädliche Kohlendioxid-Emissionen“. ADAC bleibt neutral: Die Grünen verweisen auf die Unterstützung von Verbänden. So ist der Deutsche Verkehrssicherheitsrat inzwischen pro Tempolimit auf Autobahnen – nach langer interner Debatte. Und der Automobilclub ADAC, der sich jahrzehntelang gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung ausgesprochen hatte, hat seit Januar offiziell eine „neutrale Position“, denn seine Mitglieder sind in der Frage gespalten. Lesen Sie auch Umfrage: Was halten Sie von einem Tempolimit von 130 auf Autobahnen? 130km/h-Tempolimit: Nach dem ADAC spricht sich auch der Verkehrssicherheitsrat für ein generelles Tempolimit aus Niederlande startet Tempo 100 auf Autobahnen Geplante Versuchsstrecke: Althusmann wegen Tempolimit auf der A2 unter Beschuss Von Marco Seng