Norddeutsche Landesbank in Hannover: Corona-Krise verzögert Sanierung

Die Sanierung der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) verzögert sich durch die Corona-Krise. Wegen einer steigenden Vorsorge für ausfallgefährdete Kredite werde die Bank ihre Gewinnziele zwei Jahre später erreichen als bisher geplant, sagte Vorstandschef Thomas Bürkle am Freitag in Hannover. Die Anteilseigner können deshalb wohl frühestens 2025 mit der Zahlung einer Dividende rechnen. Die angestrebte Eigenkapitalrendite von 7 Prozent werde man voraussichtlich erst 2026 erzielen. Mit der Entwicklung des Tagesgeschäfts sei die Nord/LB hingegen zufrieden, sagte Bürkle. „Wir sind operativ sehr gut unterwegs.“ Die niedersächsische Landesregierung sieht in Verzögerungen bei der Dividendenfähigkeit kein großes Problem. „Mit derartigen Herausforderungen können wir im Rahmen des Beteiligungsmanagements umgehen“, erklärte das Finanzministerium. Die Opposition im Landtag äußerte sich hingegen besorgt: „Mit der Ankündigung der Nord/LB wird klar, dass möglicherweise Risiken in Milliardenhöhe auf den niedersächsischen Steuerzahler zukommen werden“, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christian Grascha. Nach Einschätzung der Grünen gibt es „ein ernstes Problem“ bei der Risikosteuerung der Bank. „Die Versprechen des Finanzministers vor und während der Pandemie waren zu vollmundig“, sagte ihr Finanzexperte Stefan Wenzel. Für 2020 ein Verlust erwartet: Die Nord/LB steuert im laufenden Jahr erneut auf rote Zahlen zu. In den ersten neun Monaten ist der Verlust unter dem Strich auf 74 Millionen Euro gestiegen – im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte das Geldinstitut noch einen Gewinn von 215 Millionen Euro verbucht. Wegen der Befürchtung, dass in der Wirtschaftsflaute mehr Kunden als üblich Kredite nicht mehr zurückzahlen können, hat die Bank ihre Risikovorsorge bereits auf 275 Millionen Euro erhöht – Ende September 2019 waren es nur 4 Millionen Euro gewesen. Auch im vierten Quartal werde man die Risikovorsorge noch einmal aufstocken, hieß es. Die Landesbank ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Zahl sogenannter notleidender Kredite in engeren Grenzen halten werde. „Wir agieren bei der Risikovorsorge sehr konservativ“, sagte Bürkle. „Es ist nicht so, dass es links und rechts hereinregnet.“ Besonders groß ist die Skepsis offenbar beim Blick auf die Projekt- und Flugzeugfinanzierung: Hier fiel nach den ersten neun Monaten ein Verlust vor Steuern von etwa 106 Millionen Euro an – nach einem Gewinn in Höhe von 70 Millionen Euro vor einem Jahr. Auf das Luftfahrt-Portfolio entfalle „ein beträchtlicher Teil der Risikovorsorge“, sagte Bürkle. Garantien des Landes: Laut Geschäftsbericht finanziert die Nord/LB 372 Flugzeuge und 31 Triebwerke; die Kredite beliefen sich Ende September auf 4,1 Milliarden Euro. Da viele Maschinen seit Monaten am Boden bleiben müssen, schreiben die meisten Airlines rote Zahlen. Die Bank müsse jedoch nur für weniger als die Hälfte der Kreditsumme geradestehen, sagte Bürkle. Rund 55 Prozent seien über eine sogenannte Verbriefungstransaktion mit Privatinvestoren sowie eine Garantie des Landes Niedersachsen, das dafür Provisionszahlungen erhält, abgeschirmt. „Vor dem Hintergrund der Ungewissheit aufgrund der Covid-19-Pandemie ist eine zukünftige Inanspruchnahme nicht auszuschließen“, teilte das Finanzministerium mit. Lesen Sie auch: Kommentar: Die Nord/LB ist nicht über den Berg Gut voran kommt die Nord/LB dagegen beim Abbau ihrer Schiffskredite. In der Spitze hatte die Bank ein Portfolio von 20 Milliarden Euro – inzwischen liege man bei 2,9 Milliarden Euro, sagte Bürkle. Das entspreche etwa noch 360 Schiffen. „Ende 2021 müssten wir weitgehend durch sein.“ Weil viele Kreditnehmer ihre Raten nicht zahlen konnten, war die Landesbank in eine Schieflage geraten und musste von ihren Trägern mit insgesamt 3,6 Milliarden Euro gerettet werden. Von Jens Heitmann