Politiker in Niedersachsen streiten über Landesbürgschaften für die Tui

Die Meinungen über mögliche Hilfen Niedersachsens für die angeschlagene Tui gehen in der Politik auseinander. Manche Landtagsabgeordnete stören sich daran, dass eine Teilsumme von 400 Millionen Euro innerhalb des jüngsten Rettungspaketes für den Konzern mit Bürgschaften des Landes abgesichert werden könnte. Aus Kreisen der Landesregierung heißt es, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Die Zeit drängt jedoch: Am 5. Januar sollen die Aktionäre des weltgrößten Reiseanbieters bei einer außerordentlichen Hauptversammlung wichtige Bestandteile der zugesagten Finanzhilfen genehmigen. Auch der Bund will einsteigen: Die Gesamthilfe für Tui – Kapitalspritzen durch private Anteilseigner inklusive – beläuft sich mittlerweile auf rund 4,8 Milliarden Euro. Davon entfallen 1,8 Milliarden Euro auf das dritte Rettungspaket, das nun beschlossen werden soll. Dabei ist auch ein möglicher Einstieg des Bundes über die Wandlung etwa von Anleihen in Aktien vorbereitet. Eine Unterstützung aus Landesmitteln lehnen die Grünen ab. Ihr Finanzexperte Stefan Wenzel warnt: „Es ist nicht Aufgabe des Staates, die Tui-Investoren zu retten, die bislang herzlich wenig zur Lösung beigetragen haben.“ Um möglichst viele der Tui-Arbeitsplätze zu erhalten, sei anstelle der immer neuen Rettungspakete eine bessere Lösung nötig. Dies könnten laut Wenzel wahlweise ein Schutzschirmverfahren oder eine vor Kurzem vom Gesetzgeber ermöglichte Sanierung auf Basis eines Restrukturierungsplans sein. Die FDP hatte eine Bürgschaft für die Tui bereits Anfang Dezember als ein „unverantwortliches Risiko“ bezeichnet. Toepffer: „Tui hat Systemrelevanz“: CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer spricht sich dagegen für eine Freigabe der Tui-Hilfen aus. Es gehe um rückzahlungspflichtige Bürgschaften und Kredite. „Die Kritiker sollten sich bewusst machen, dass die Tui Systemrelevanz hat, die sich spätestens dann bemerkbar macht, wenn Tausende Arbeitsplätze verloren gehen und die Menschen nicht mehr beim Reisebüro um die Ecke buchen können“, sagt er. Beim Tui-Konzern stehen weltweit 8000 Stellen auf der Streichliste, vor allem im Ausland. Gewerkschafter kritisieren dies scharf – und ebenso, dass in guten Jahren relativ hohe Dividenden an die Eigentümer flossen, anstatt höhere Gewinnanteile ins Unternehmen zu investieren. Vorstandschef Fritz Joussen hält dagegen: „Tui war vor der Krise kerngesund. Rund eine Milliarde operatives Ergebnis, rund eine Milliarde Investitionen pro Jahr, 21 Millionen Kunden in 2019 und 14 Prozent Buchungsplus zum Jahresbeginn 2020.“ Finanzhilfen sollen nun reichen: Anfang Dezember hatte das Unternehmen laut Joussen noch rund 2,5 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln zur Verfügung. Das Geld solle nun wirklich über die Krise hinweg reichen. „Wenn Maßnahmen wie die Kapitalerhöhung genehmigt werden, verschieben sich die Fälligkeiten der Kredite aus den ersten beiden Stabilisierungspaketen“, erklärt er. Lesen Sie auch: Kommentar: Gute Gründe für eine Übernahme von Risiken Für 2021 hofft die Tui auf eine rasche Erholung. „Vor allem Pauschalreisen werden gefragt sein, da diese Reiseform die größte Sicherheit bietet“, glaubt Deutschland-Chef Marek Andryszak. Von Jan Petermann und Bernd Haase