Nach Thomas-Cook-Insolvenz: Tausende Kunden warten noch auf Geld

Fast anderthalb Jahre nach der Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook warten noch Tausende Kunden auf die Erstattung ihrer Anzahlungen. Von den rund 105.000 Anträgen auf Entschädigung seien erst 63.781 Anmeldungen abschließend bearbeitet, erklärte das Bundesjustizministerium auf Anfrage der HAZ. Man gehe aber davon aus, „dass die ganz überwiegende Anzahl der Betroffenen die Ausgleichszahlung noch in der ersten Hälfte des Jahres 2021 erhalten wird“. Die Bundesregierung ist eingesprungen, weil die ursprüngliche Versicherungssumme zu gering bemessen war. Die gleichnamige deutsche Tochter von Thomas Cook hatte nach dem Zusammenbruch des britischen Mutterkonzerns am 25. September 2019 Insolvenz angemeldet. Im Anschluss stellte sich heraus, dass die von dem Unternehmen bei der Zurich-Versicherung abgeschlossenen Deckungssumme nicht reichte, um alle von den Kunden gezahlten Reisevorschüsse rückzuerstatten. Allein die Kosten für die Heimholung von 140.000 Urlaubern machten mehr als die Hälfte der Versicherungssumme von 110 Millionen Euro aus. Laut Reise-Richtlinie der Europäischen Union hätte der Gesetzgeber für eine angemessene Absicherung sorgen müssen. Kurz vor Anmeldeschluss wurden viele Kunden noch aktiv: Die Bundesregierung musste deshalb befürchten, von Thomas-Cook-Kunden auf dem Klageweg haftbar gemacht zu werden. Deshalb hat sie Ende 2020 entschieden, den von der Insolvenz betroffenen Pauschalreisenden jenen Teil ihrer Ausgaben zu erstatten, den nicht die Versicherung des Veranstalters übernimmt. Am Ende bekamen die deutschen Kunden von Zurich nur 17,5 Prozent ihres Geldes zurück. Bei einem Onlineportal des Bundes konnten sie ihre Daten und Belege hochladen, um eine Ausgleichszahlung des Bundes zu beantragen. Nach Angaben des Justizministeriums ist die Zahl dieser Anmeldungen in den letzten Wochen vor dem Anmeldeschluss am 15. November 2020 durch entsprechende Hinweise noch einmal kräftig gestiegen: Während sich bis Anfang Oktober rund 74.500 Kunden registriert hätten, seien mittlerweile etwa 105.000 Anmeldungen zu verzeichnen. Dies Zahl könne sich noch erhöhen, da bisher nicht alle fristgemäß begonnenen Anmeldungen bearbeitet seien, hieß es. Bund rechnet maximal mit Kosten von 160 Millionen Euro: Bisher wurden an Thomas-Cook-Kunden laut Ministerium insgesamt 89,8 Millionen Euro überwiesen. „Bei vorsichtiger Schätzung dürfte das noch auszuzahlende Volumen 70 Millionen Euro nicht überschreiten“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dass sich die Entschädigung der Betroffenen länger hinziehe als von vielen erwartet, liege auch an fehlenden Angaben oder Unterlagen der Antragsteller. Entsprechende Nachfragen und nachträgliche Ergänzungen durch die Kunden könnten „die abschließende Prüfung und Auszahlung verzögern“, hieß es. Um Pauschalreisende bei einer Pleite ihres Veranstalters künftig besser abzusichern, hat die Bundesregierung kürzlich die Gründung eines Sicherungsfonds beschlossen. Bis 2026 sollen Reiseanbieter bis zu 750 Millionen Euro einzahlen, um Rücktransporte und Auszahlungen von Kundengeldern zu garantieren. Der Fonds soll die bisherige Absicherung durch Versicherungen oder Bankbürgschaften ablösen. Von Jens Heitmann

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