Vom Auetal bis nach Armenien: Hilfe für Eziden in Jerewan

Die Auetalerin Petra Scharnhorst setzt sich als Vizevorsitzende des Vereins seit Jahren für Eziden (auch Jesiden genannt) ein, schickt Hilfsgüter-Lieferungen in den Irak oder andere Krisengebiete. Auch der Lkw, der in dem idyllischen Wohngebiet in Escher steht, wird eine solche Hilfsgüter-Tour antreten – und zwar nach Armenien. Kürzlich packten Scharnhorst und rund zehn freiwillige Helfer ordentlich an, um den Auflieger zu füllen. Kleidung, Verbandsmaterial, Hygieneartikel und sogar Rollatoren und Rollstühle – auf den vom „Auetaler Palettenservice“ gespendeten Paletten befindet sich allerlei Notwendiges für Menschen in Not. Aber an wen gehen die Verbände, Pullover und Rollstühle? „Die Lieferung ist für die Eziden in Jerewan (auch: „Eriwan“, armenische Hauptstadt, Anm. d. Red.) gedacht“, berichtet Petra Scharnhorst, die vielen Auetalern als Inhaberin des Taxi-Unternehmens „Ihr Taxi im Auetal“ bekannt sein dürfte. Flüchtlinge aus Bergkarabach: Vielfach handelt es sich bei den Eziden in Jerewan um Flüchtlinge aus der umkämpften Konfliktregion Bergkarabach: „Wirkliche viele Binnenflüchtlinge kommen nach Jerewan. Dort wird in einer Heiratshalle neben einem jesidischen Tempel eine Anlaufstelle eingerichtet“, weiß Scharnhorst. Und genau dahin machte sich der Lkw auf. Aus dem Wohngebiet in Escher immer ostwärts bis nach Bulgarien. Von dort mit der Fähre über das Schwarze Meer nach Georgien, um dann die armenische Grenze zu überqueren. Insgesamt legt der Fahrer auf seinem „Bock“ über 4000 Kilometer zurück. Die Hilfsaktion kostet gut 6800 Euro, die Kosten trägt zu 100 Prozent der Verein Eziden Weltweit. Völkermord: Wie Rojina nach Stadthagen floh Integrationsbüro für Jesiden eröffnet Jesiden gedenken in Stadthagen der Opfer des IS Eigentlich wollte Scharnhorst den ganzen Weg mitfahren – das ließ sich dann trotz der flexiblen Arbeitszeiten als Taxifahrerin nicht mehr vereinbaren. Bereits seit 2019 betreut sie 280 Schaumburger Eziden-Familien in ihrem Integrations-Büro in Stadthagen, das Scharnhorst aufgrund der Corona-Pandemie nun in ihre eigenen vier Wände verlegt hat. Aber zurück zu der Hilfsgüterlieferung. „Ich hatte schon mit einigen Unwägbarkeiten zu kämpfen“, sagt Scharnhorst rückblickend. Zoll macht Strich durch die Rechnung: Eigentlich sollte der Lkw schon in Jerewan angekommen sein – eigentlich, denn dann gingen die Probleme los. „Wir hatten schon Kleidung und Medikamente eingepackt. Das muss jetzt aber noch hier bleiben, weil uns der Zoll wegen Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat“, sagt die Auetalerin. Doch das ist noch nicht alles: Aufgrund der Verschiebung hatte der Fahrer des Hamelner Speditionsunternehmens „Purrmann Logistik GmbH“ am Abfahrtstag keine Zeit, es folgte die nächste Verschiebung. Einen Tag vor dem neuesten Abfahrtsdatum kam dann noch ein platter Reifen in Polen hinzu, der die Abfahrt bis zum vergangenen Mittwoch verzögerte. Transport über Subunternehmer: Doch dann waren sie alle da. Helfer, vor allem jesidischer Herkunft, und am wichtigsten: der Lkw. Scharnhorst organisierte sogar einen Radlader, damit die vollgepackten und in Folie eingewickelten Paletten sicher auf dem Truck mit georgischem Kennzeichen landeten. Jenes Kennzeichen hat übrigens seinen Sinn: „Der Transport läuft über Subunternehmer. Solche Fahrzeuge (der Lkw, Anm. d. Red.) mit derartigen Kennzeichen dürfen nur ein paar Fahrten in Deutschland machen und müssen dann wieder ins Ausland fahren. Daher bot sich diese Variante sowieso an“, erklärt Scharnhorst. Außerdem sei die Reise, auch was Visa-Bedingungen angeht, so viel leichter umsetzbar. Dazu spart der Verein Kosten. Normalerweise wären die Waren ja schon in Armenien angekommen. Deswegen ist es umso bemerkenswerter, wie viel Material in so kurzer Zeit zusammengekommen ist. Petra Scharnhorst , Eziden Weltweit Am Rande der Beladung bedankte sich die Auetalerin bei allen Helfern, die fleißig mit anpackten. Einen großen Dank richtete Scharnhorst auch an die Spender: „Normalerweise wären die Waren ja schon in Armenien angekommen. Deswegen ist es umso bemerkenswerter, wie viel Material in so kurzer Zeit zusammengekommen ist.“ Und so rollte der Lkw am Mittwochabend aus dem Wohngebiet in Escher los. Langsam anfahrend und immer weiter beschleunigend. Der Fahrer hat eine weite Reise vor sich. Eine Reise für den guten Zweck. Eine Reise, die Menschen Hoffnung gibt. Von Malick Volkmann