Bückeburg fehlen 2,6 Millionen Euro im Haushalt

Kämmerer Reiner Wilharm berichtete in der jüngsten Sitzung des Wirtschafts- und Finanzausschusses über die Auswirkungen von Covid-19 auf den städtischen Haushalt. Täglich gibt es neue Zahlen, neue Stundungen, neue Schätzungen oder neue Konjunkturprogramme. Sie alle haben Einfluss auf das Zahlenwerk, dass vor Krisenzeiten ein Volumen von rund 32 Millionen Euro aufgewiesen hat. Das Volumen hat der Haushalt immer noch. Nur: Er ist nicht mehr finanziert, es klaffen deutliche Lücken. Wie der Kämmerer nach Saldierung der derzeit vorliegenden Zahlen vorrechnete, beläuft sich das Defizit, also die Einnahmeausfälle, zwischen 2,5 bis 2,6 Millionen Euro. Das seien allerdings erst die Zahlen, die berücksichtigt werden konnten, wie der Kämmerer einschränkte. Denn die überraschende zum 1. Juli geplante Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte ist noch in keiner Schätzung oder Berechnung enthalten, geschweige denn im Bückeburger Rathaus. Sicher sei, dass die Stadt das Minus nicht ausgleichen könne, wohl aber mit dem Fehlbetrag leben könne und kein Haushaltskonsolidierungsprogramm verordnet bekomme. Das Einzige, was der Kämmerer verbreiten konnte, war Hoffnung. Denn in den vergangenen neun Jahren, als jährlich die Steuereinnahmen in ungeahnte Höhen schnellten, habe die Stadt solide gewirtschaftet. Einer Aussage, der sowohl Ratsherr Reinhard Luhmann (SPD) – „wir haben gemeinsam gut gewirtschaftet“ – als auch CDU-Fraktionschef Axel Wohlgemuth – „wir haben bei neuen Ausgaben wenig dazugelegt, außer bei den Kindertagesstätten“ – nur beipflichten konnten. Das solide Wirtschaften führt jedenfalls dazu, dass Bückeburg sich – im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen im Umkreis – keine Haushaltssperre auferlegen muss. Auch begonnene Investitionen werden nicht gestoppt. Allerdings: Da derzeit im Finanzhaushalt in der Ergebnisrechnung unterm Strich 1,8 Millionen Euro Einnahmen fehlen, muss das Minus über einen Kassenkredit gedeckt werden. Ein Vorgehen, dass die Stadt in den vergangenen Jahren nicht in Anspruch nehmen musste. Wegen Coronakrise: Bis zu drei Millionen Euro fehlen im Bückeburger Haushalt Bückeburg: Erste konkrete Zahlen zu Haushaltslöchern Stadthagen im Sparzwang: Das alles wird im Haushalt gestrichen Bei den allgemeinen Finanzen, also Gewerbesteuer, Anteile an der Einkommensteuer, Vergnügungssteuer oder Schlüsselzuweisungen vom Land klafft derzeit (Stand 31. Mai) eine Lücke von 2,4 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Die Gewerbesteuer war mit gut elf Millionen Euro veranschlagt. Derzeit geht der Kämmerer von Mindereinnahmen von rund 1,7 Millionen Euro und kalkuliert zum Jahresende mit nur noch 9,68 Millionen Euro. Ob es noch weniger wird, ist offen. Denn die großen Betriebe werden erst im dritten oder vierten Quartal mit möglichen Aussetzungen ihrer Vorauszahlungen kommen. Sicher ist, dass das Finanzamt bereits der Herabsetzung von Gewerbesteuerzahlungen in Höhe von 818.000 Euro zugestimmt hat, überwiegend kleinere und gastronomische Betriebe. Gerettet hat die Stadt, dass sie im April eine größere Gewerbesteuer Nachzahlung im siebenstelligen Bereich verbuchen konnte. Wilharm: „Das hat ein Polster geschaffen.“ Was aber noch bis zum Jahresende und vor allem 2021 kommt? Völlig offen. Einkommensteuer relativ stabil: Die Anteile an der Einkommensteuer sind noch relativ stabil, da die Zahlen des zweiten Quartals mit seinen horrenden Auswirkungen der Pandemie wie etwa Kurzarbeit noch nicht vorliegen. „Wir können gespannt sein, wie es weiter geht“, äußerte sich der Kämmerer. Um dann doch eine vorsichtige Schätzung abzugeben. Er rechne mit einem Minus von acht Prozent oder in absoluten Zahlen: 720.000 Euro. Die Umsatzsteuer hat noch keiner auf dem Schirm gehabt. Hier gebe es überhaupt noch keine Berechnungen, weder vom Bund noch vom Land. Der Kämmerer zur sicherlich erfolgenden Senkung der Anteile: „Ein großes Fragezeichen.“ Weniger Geld vom Land: Die Schlüsselzuweisungen des Landes werden ebenfalls sinken. 287.000 Euro weis der Kämmerer schon sicher, weil dass noch Auswirkungen auf die positiven Zahlen des Jahres 2019 sind. Was 2020 kommt? Auch hier gibt es nur Vermutungen. Nur soviel: 2021 rechnet der Kämmerer mit einer Halbierung der Zuweisungen – von drei auf 1,5 Millionen Euro. Bei der Vergnügungsteuer, eine Steuer, die die Kommune selbst einnimmt, ist die Pandemie bereits deutlich sichtbar. Durch die verordnete Schließung von Spielhallen, aber auch der Absage des Frühjahrsmarktes, klafft bereits ein Loch von 52.000 Euro. Veranschlagt sind 2020 310.000 Euro. Vier Millionen auf Kredit: Liquiditätskredite darf die Stadt in 2020 in Höhe von vier Millionen Euro aufnehmen, zwei hat sie bisher und „wird damit hinkommen“, betont der Kämmerer. Sicher ist, dass für den Nachtragshaushalt, der angesichts des wegbrechenden Zahlenwerks unerlässlich ist, die Darlehensermächtigung um 1,6 Millionen Euro angehoben werden muss. „Vertretbar“, wie der Kämmerer meint. Der Finanzhaushalt, der investive Bereich des Haushalts, bricht nach Angaben des Kämmerers „stark ein“. 7,1 Millionen sind in 2020 eingesetzt. Der Kämmerer: Das wird 2021 nicht zu halten sein.“ Keine Aussagen zum Rettungsschirm: Welche Auswirkungen der Rettungsschirm zugesagte des Bundes für Bückeburg haben wird, ist noch völlig offen. Bisher gebe es keine konkreten Aussagen. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre gehe er davon aus, dass Bückeburg höchstens mit 50 Prozent Ausgleich des Minus rechnen könne und das auch nur abschlagsweise. Offen sei auch die Berechnungsgrundlage. Wenn der Durchschnitt der Gewerbesteuereinnahmen der vergangenen drei Jahre gebildet wird, könne Bückeburg mit 1,8 Millionen Euro rechnen, gehe es nur um 2020, dann mit drei Millionen Euro. Nachtrag erst im Dezember: Weil es keine verlässlichen und belastbaren Zahlen gibt, rechnet der Kämmerer damit, dass der notwendige Nachtragshaushalt wohl erst im Dezember verabschiedet werden kann. Ein Zeitpunkt, wo sonst der Haushalt 2021 beschlossen würde. Bei dem geht der Kämmerer davon aus, dass dieser erst 2021 verabschiedet werden kann, da erst im November mit verlässlichen Zahlen zu rechnen sei. Von einem Doppelhaushalt wie ihn der CDU-Fraktionschef angeregt hatte, riet der Kämmerer im Hinblick auf die Kommunalwahl im September 2021 ab. Was die Politik für Lösungen hat? Derzeit eher keine. Ratsherr Reinhard Luhmann: „Wir müssen auf Sicht fahren, wir sind in der Nahrungskette die Ersten.“ Der CDU-Fraktionschef: „Wir haben kaum noch etwas, wo wir sparen können, weiter runter wollen wir nicht.“ Weiter Geld für Schulen und Kitas: Deutlich wurde aber auch, dass ab 2021 deutliche Änderungen des Investitionsprogramms nötig sind. Schulen und Kindergärten werden weiter bedacht, ansonsten soll auf die diversen Förderprogramme geschaut werden, die Bund und Länder derzeit auflegen. Ein Stichwort: Die Digitalisierung, wo im Rathaus einige Investitionen erforderlich sind und wo auf einen „Anteil am Kuchen“ gehofft wird. Ebenso verhält es sich mit Zuschüssen für umweltfreundliche Fahrzeuge, denn Ende des Jahres braucht der Bauhof einen neuen Lkw, um seinen Winterdienst noch erfüllen zu können. Wohlgemuth: „Vielleicht hilft uns das Konjunkturpaket.“ Von Raimund Cremers