DSDS: Ex-Kandidat glänzt in Bückeburg

Wenn er eines nicht sein will, dann austauschbar: Das Grelle, das Bizarre, das Spektakel, die spontane Interaktion mit dem Publikum und vor allem das Spiel mit den Grimassen und den verrückten Requisiten haben es Olly Schmidt immer noch angetan: Bei der Vorstellung seines neuen, nunmehr zweiten Albums „Harte Zeiten“ hat sich der Ex-Kandidat von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) auf der Bühne der Bückeburger Schraub-Bar genauso ungewöhnlich und ausgefallen präsentiert, wie man ihn immer schon kannte. Im Gegensatz zu seinen Auftriten vor rund drei Jahren, als der heute 40-jährige Bückeburger durch seine schrillen Performances in der Casting-Show bundesweite Bekanntheit erlangte, ist er jedoch vom Hardcore-Horror im Stil eines Alice Cooper abgekommen: keine abgetrennten Köpfe, kein Kunstblut und keine ins Publikum geschleuderten Gliedmaßen mehr, stattdessen Girlanden, Glimmer-Sticks und ins Publikum geworfene Päckchen mit Brausepulver. „Marktkauf-Olly“ jetzt poppiger: Anno 2020 gibt sich „Marktkauf-Olly“, wie ihn viele Fans immer noch liebevoll im Hinblick auf seine bürgerliche Tätigkeit nennen, deutlich jugendfreier, dafür umso bunter, glamouröser, poppiger, aber auch ernsthafter und ein Stück weit – auch wenn er selbst das vielleicht gar nicht gerne zugeben würde – erwachsener. Seine Fans haben ihm bis heute unverbrüchlich die Treue gehalten, auch über die rund anderthalb Jahre hinweg, die der einstige Gemüse-Punk aus dem Scheinwerfer-Licht der Öffentlichkeit verschwunden war: Sie feiern „ihren Olly“ in der Schraub-Bar ebenso frenetisch wie vor ziemlich exakt drei Jahren, als er an gleicher Stelle dort noch in der Gestalt der Horror-Ikone „Samara“ aus den Kino-Klassikern „The Ring“ auf die Bühne gekrochen kam. Auch die Songs seines zweiten Albums „Harte Zeiten“– musikalisch nach wie vor zwischen hartem Punk und melancholisch angehauchtem Achtziger-Jahre-Synthesizer-Pop oszillierend – sind nachdenklicher, ernsthafter und reifer geworden: In Stücken wie „Echt“ oder „An alle, die es angeht“ singt Schmidt davon, zu sich selbst zu stehen und sich nicht zu verleugnen, in „Mutausbruch“ davon, sich von seinen Zielen nicht abbringen zu lassen, sondern seine Träume zu verwirklichen. Da schwingt viel Erfahrung und Biografie mit, wie er in seinen launigen Anmoderationen der Songs immer wieder durchblicken lässt: Auch er habe lange überlegt, ob er überhaupt noch einmal ein zweites Album produzieren und auf die Bühne zurückkehren solle: „Ihr alle zeigt mir hier, dass das die richtige Entscheidung war.“ "Fuck you!": Aber auch die harte, raue und schnelle Punk-Rock-Nummer liegt Schmidt nach wie vor im Blut: Den Song „Lautsprecher“ sieht der Sänger gerade in der heutigen Zeit als Fanal, für seine Rechte einzustehen. „Und all den diskriminierenden Typen da draußen entgegenzuschleudern: Fuck you!“ Nicht fehlen durften beim Auftritt in der Schraub-Bar der Soft-Cell-Klassiker „Tainted Love“ in der Version von Schmidts erklärtem Idol Marilyn Manson, „Freakshow“, das Eröffnungs-Stück von seinem ersten Album „Normal kann jeder“, und – natürlich – „Schrei nach Liebe“, jener legendäre Comeback-Song der Ärzte aus dem Jahr 1993, mit dem er unter anderem während seiner Auftritte bei „Deutschland sucht den Superstar“ die Juroren um Dieter Bohlen hatte überzeugen können. Als Vorprogramm standen an diesem Abend zunächst die junge Mindener Singer/Songwriterin Ramona Timm und anschließend das Satire- und Komik-Duo Christoph Schlewinski und Carolin Seeger alias „Fußpflege Deluxe“ auf der Bühne. Musikalisch unterstützt wurde Olly Schmidt im Laufe seines Auftritts von Andy Gerth, Sänger der Mindener Formation Sanity Law. Von Johannes Pietsch Lesen Sie auch: Oliver Schmidt bei "Get he F*uck out of my House" Normal kann jeder Das handy steht nicht mehr still

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