Gratis FFP2-Masken: Apotheker kritisieren unkontrollierte Ausgabe

Die Apotheker in Bückeburg kritisieren insbesondere die unkontrollierte Ausgabe der FFP-2-Masken und die „plötzliche Ankündigung ohne Vorwarnung“ von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Zudem bereitet ihnen die noch ungelöste Vergütung durch den Bund Kopfzerbrechen. „Mir fehlt das Verständnis für das, was die Politik da gemacht hat“, sagt Mark Bültmann, Inhaber der Neuen Apotheke. Das gesundheitliche Risiko für Menschen mit Vorerkrankungen sei auf diese Weise deutlich erhöht worden, kritisiert Bültmann. Er spricht von einem „totalen Chaos“. Jetzt würden kurz vor Weihnachten bundesweit 27 Millionen Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, in die Apotheken rennen, um sich Schutzmasken abzuholen. Das Risiko, sich dabei mit dem Coronavirus zu infizieren, sei erhöht – auch für seine Mitarbeiter, findet der Bückeburger Apotheker. „Im schlimmsten Fall müssen die Leute sogar zweimal in die Apotheke kommen, weil sie beim ersten Mal keine Masken bekommen können“, sagt Bültmann, der sich eine andere Regelung gewünscht hätte. Sicherer sei, die Masken per Post an die Menschen zu verschicken. Es bleibt Raum für Betrüger: Auch bei der Verteilung hätte sich Bültmann eine schnellere und bessere Lösung gewünscht. Die jetzige Austeilung habe „ein Fenster für Betrüger geöffnet“. Derzeit können sich 60-Jährige sowie Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen oder Risikofaktoren drei kostenlose FFP2-Schutzmasken abholen, wenn sie ihren Personalausweis in der Apotheke vorlegen. „Die Apotheken sind untereinander aber nicht vernetzt und wissen nicht, wer sich schon andernorts Masken abgeholt hat“, sagt Bültmann. „Wenn sich jemand also bei mir drei Masken abholt und danach weitere Apotheken abklappert, dann kann er sich ohne Probleme einen größeren Vorrat anlegen“, kritisiert der Apotheker. Erst im nächsten Jahr sollen Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, von der Krankenkasse Coupons für zweimal je sechs FFP2-Masken bekommen – vorgesehen ist dafür dann ein Eigenanteil von jeweils zwei Euro für je sechs Masken. „Die Coupons hätte es aber schon jetzt geben müssen“, meint Bültmann. Für ihn kam die Verordnung überraschend. Gleich am ersten Tag der Gratis-Ausgabe – am Dienstag – seien innerhalb einer Stunde 220 FFP2-Masken in seiner Apotheke abgeholt worden – der gesamte Restbestand. Zwar habe er schon am Donnerstag Tausende Masken nachbestellt, aber: „Ich weiß nicht, wann sie geliefert werden“, sagt Bültmann, der hofft, dass er die begehrte Ware noch in dieser Woche erhält. Derzeit sei sein Lager leer. „Es scheint so, als würden plötzlich alle Schutzmasken brauchen, wo sie jetzt kostenlos sind“, sagt Bültmann. Zuvor seien sie deutlich weniger stark nachgefragt gewesen. Lesen Sie auch: Ausgabe von kostenlosen FFP2-Masken: Schlangen vor den Apotheken in Stadthagen Kein Engpass an Masken: In den Apotheken am Schlosstor und am Rathaus gibt es noch Masken. Eifrig werden sie verteilt. Dort bilden sich zeitweise lange Schlangen. Britta Stephan, Inhaberin der Apotheke am Rathaus, gibt am Mittwoch gemeinsam mit ihren Mitarbeitern die FFP2-Masken in Tüten durch die Notdienstklappe aus. „So müssen die Menschen, die nur eine Maske abholen wollen, nicht in die Apotheke kommen“, sagt sie. Tausende Schutzmasken hat sie schon verteilt. Einen Engpass an Masken gebe es dennoch nicht, sagt Stephan. Ihre Vorräte seien gut gefüllt – und die Großhändler könnten liefern. Trotzdem befänden sie und ihr Team sich in einer „Ausnahmesituation“, sagt die Apothekerin. Sie hätte sich einen längeren Vorlauf für die Maßnahmen gewünscht, um sich besser auf die Ausgabe vorbereiteten zu können – und bessere rechtliche Rahmenbedingungen. „Bis Montagmorgen wussten wir noch nicht einmal, ob wir nun am Dienstag Masken ausgeben sollen oder nicht“, berichtet die Apothekerin. „Zudem ist unklar, wann und wie wir dafür vom Bund bezahlt werden“, sagt Stephan. Das sieht auch Jenny Frauenrath, Mitinhaberin der Schlossapotheke, so. „Wir gehen jetzt erst mal in Vorkasse und hoffen, dass die Masken irgendwann vergütet werden“, sagt sie. Frauenrath geht davon aus, dass die Erstattung an der Anzahl der verschreibungspflichtigen Packungen, die im letzten Quartal ausgegeben worden sind, bemessen wird. Diese Regelung findet Mark Bültmann unfair. „Apotheken, die besonders viele Masken ausgeben, machen dann unter Umständen ein Minusgeschäft – und wer gar keine ausgibt, macht den größten Gewinn“, kritisiert er. Genug Masken für alle: In der Schlossapotheke gehen derweil Tausende CPA-Masken (Corona-Pandemie-Atemschutzmasken) über den Tresen. „Das sind deutsche Schutzmasken, die speziell aufgrund der Corona-Pandemie entwickelt worden sind“, erklärt Frauenrath. Am Dienstag und Mittwoch gingen über 3000 dieser Masken an Menschen, die zu Risikogruppen gehören, raus. Pro Tag würden etwa tausend neue Masken geliefert. „Es wird genug für alle da sein“, meint die Apothekerin. Trotz alledem sieht auch sie die unkontrollierte Ausgabe problematisch. „Ich hätte mir da eine andere Lösung gewünscht und kann nur an den gesunden Menschenverstand appellieren, nicht zu betrügen“, sagt sie. So schnell, wie die Nachfrage nach den FFP2-Masken gestiegen ist, hat sich auch der Preis der Spezialmasken verdoppelt. Vor der Ankündigung, dass kostenlose Masken ausgegeben werden sollen, hätte der Verkaufspreis noch bei 4,95 Euro gelegen, sagt Bültmann. Am Mittwochabend wurde bekannt, dass laut Bundeskanzlerin Angela Merkel im nächsten Jahr die Schutzmasken auch versendet werden sollen. Lesen Sie auch: Kontaktbeschränkungen im Lockdown: Mit wem darf ich mich wann in Schaumburg treffen? von Leonhard Behmann