Landsommertouren durchs Weserbergland: Spurensuche auf dem Bückeburger Hausberg

Die im Rahmen der Landsommertouren durchs Weserbergland angebotene Wanderung durch den Harrl stieß auf großes Interesse. 16 Teilnehmer machten sich mit Gästeführer Martin Kleist auf eine geschichtliche Spurensuche durch den „Bückeburger Hausberg“. Ausgangspunkt und Ziel war der Parkplatz gegenüber der Gaststätte „Altes Forsthaus“, einst der erste Turnplatz in Schaumburg-Lippe, angelegt vom Hofarzt Dr. Faust, der sich für eine gesunde Lebensweise durch Bewegung an frischer Luft stark machte. Weitere Stichworte, die eng mit dem Harrl verbunden sind: Johann Gottfried Herder, der Idaturm, der Hexenteich oder aber der Jüdische Firedhof. Harrl misst an höchster Stelle 221 Meter über Null: Der Harrl ist mit einer Länge von mehr als drei Kilometern und einer Breite von 1,5 Kilometern eher ein kleines Wäldchen. An der höchsten Stelle misst er 221 Meter über Null. Im Grunde ist der Harrl ein westlicher Ausläufer des Bückebergs. In Bad Eilsen hat sich die Aue ein Tal gegraben und so die beiden Höhenzüge voneinander getrennt. Zunächst verlief die Tour auf der Fahrstraße Richtung Bergdorf. Martin Kleist zeigte auf dem Weg immer wieder Ausblicke nach Norden, denn der Harrl ist die letzte Erhebung, bevor das Land sich flach in der norddeutschen Tiefebene ausdehnt. Kleist: „Hätten wir die Erdkrümmung nicht, könnten wir bis zur Nordsee schauen.“ Herderquelle inzwischen versiegt: Die Wanderung führte schon bald an der Herderquelle vorbei. An dieser kühlen Stelle im Wald soll der Philosoph Johann Gottfried Herder, der als Hofprediger bei der Schaumburg-Lippischen Landeskirche eine Anstellung hatte, gern gesessen und dabei einen Schluck frischen Wassers genossen haben. Inzwischen ist die Quelle versiegt, aber der ehemals lauschige Platz soll wieder hergerichtet werden. Nach etwa einem Kilometer Wanderung kamen die Teilnehmer an der Straße „Harrl“ zu den Häusern, die früher als Harrl-Kolonie bezeichnet wurden. Graf Wilhelm ließ hier am Waldrand Häuser für verdiente Soldaten bauen und schenkte ihnen Land dazu. Insgesamt fünf Höfe wurden hier errichtet. Als einziges steht noch das Haus „Harrl 11“, das seit 1957 in Privatbesitz ist. Zwischen Pilgerweg und europäischem Wanderweg: Über der Haustür findet sich bis heute eine Schrifttafel, die auf das Baujahr 1772 und den damaligen Besitzer Unteroffizier Wöbbeking hinweist. Dieser tapfere Soldat war von seinem Fürsten belohnt worden, weil er eine Lunte, die von gegnerischen Truppen in den Pulverwagen geschleudert wurde, unschädlich gemacht und somit eine Explosion verhindert hatte. Hinter der „Harrlkolonie“ endet die Fahrstraße, und es geht weiter bergan auf leicht ansteigenden Wegen in Richtung Idaturm. Nach etwa 15 Minuten ist die große Wegespinne erreicht. Von hier geht es nach Bad Eisen, nach Ahnsen, zum Südweg in Richtung Schwimmbad oder eben zum Idaturm. An dieser Wegekreuzung führt auch ein Pilgerweg und der europäische Wanderweg vorbei. Fernsicht zum Wesergebirge nach Süden: Während im Harrl hauptsächlich Buchen wachsen, sieht es am Kammweg anders aus. Hier wurden nach dem Krieg vorwiegend Fichten angepflanzt. Davon stehen allerdings kaum noch welche. Einige waren schon durch Winterstürme umgestürzt, und in den beiden letzten trockenen Sommern haben die Borkenkäfer die Bäume so geschädigt, dass sie vertrocknet sind. Deshalb bietet sich nun auf dem Weg zum Idaturm eine ungewohnte Fernsicht zum Wesergebirge nach Süden. 28 Meter hoher Turm aus Sandstein: Fürst Georg Wilhelm ließ 1847 zum Zwecke der Landvermessung einen 28 Meter hohen Turm aus Sandstein bauen, den er nach seiner Frau Ida benannte. Obwohl die Restauration derzeit nicht bewirtschaftet ist, hatte Gästeführer Kleist von der Fürstlichen Hofkammer einen Schlüssel für den Turm erhalten. Von oben bot sich ein herrlicher Ausblick ins Schaumburger Land. Eine kleine Bewirtung am Turm gab es immerhin. Sigrid Kleist hatte für die Teilnehmer der Tour einen Kuchen gebacken und Getränke mitgebracht. Auf zum „Hexenteich“: Anschließend wurde bergabwärts Richtung Bückeburg gewandert. Am Wege liegt ein ehemaliger Steinbruch, aus dem Sandstein gefördert wurde. Unterhalb der steilen Wände hat sich Wasser gesammelt, der sogenannte „Hexenteich“. In dieser Schlucht fühlt man sich fernab des Verkehrslärms wie in einer verwunschenen Zauberwelt. „Vermeintliche Hexen“, so Kleist, „wurden hier jedoch nie ertränkt.“ Ein Stück weiter ging es vom Weg aus in einen weiteren kleinen Steinbruch. Hier waren zwischen den Sandsteinen Reste von Kohleflözen zu besichtigen, denn im Harrl wurde auch Kohle abgebaut, allerdings nicht im großen Stil. Letzte Station: Jüdischer Friedhof: Die letzte Station der etwa fünf Kilometer langen Wanderung war der Jüdische Friedhof schräg gegenüber des Bergbads. 168 Grabsteine, jeweils mit eingemeißelter deutscher und hebräischer Schrift, stehen hier für die Ewigkeit, denn im jüdischen Glauben bleiben die Gräber bis zur Auferstehung am Jüngsten Tag bestehen. Sie dürfen nicht eingeebnet oder wieder belegt werden. Nach zweieinhalb Stunden endete die Harrltour am Ausgangsplatz, dem ehemaligen Turnplatz. Gästeführer Martin Kleist beendete den Rundgang mit den Worten „Dr. Faust hätte sich sehr gefreut“, denn die Wanderer hatten sich lange an frischer Luft in der Natur bewegt und auch ausreichend Wasser am Idaturm zu sich genommen. von Gabi Nachstedt