Traditionshaus "Bückeburger Hof" schließt endgültig

Eva und Volker Hagemann werden ihr ohnehin durch die Pandemie-Auflagen geschlossenes Hotel nicht wieder öffnen. Bückeburg verliert damit einen Traditionsbetrieb. Fast 100 Jahre gibt es den Bückeburger Hof in der Ecke von Steinberger Straße und Rintelner Straße. Eva und Volker sind die dritte Generation der Familie Hagemann, die das Hotel-Restaurant führte. „Uns hat es Spaß gemacht, uns macht es Spaß, uns geht es gut“,stellen beide im Gespräch mit unserer Zeitung auf dem Sofa in der Rezeption fest: „Schreiben Sie bloß nicht einen wehmütigen Artikel.“ Gerne hätten sie es zwar gesehen und auch versucht, den Betrieb als Hotel weiter auf den Weg zu bringen. Aber dieser Plan, diese Perspektive geht durch Corona nicht mehr auf. Bis zu fünf Jahre, um Verluste auszugleichen: Nach Corona brauche jeder mittelständische Betrieb drei bis fünf Jahre, um die Verluste bedingt durch die Auflagen der Pandemie zu egalisieren. Das Hotel, seit über 60 Jahren im Besitz der Familie, sei daher derzeit nicht zu vermarkten. Volker Hagemann: „Es investiert keiner.“ Daher werde der Betrieb erst einmal in der Schwebe gehalten – für einen potenziellen Nachfolger. Im Februar/März 2020, kurz vor Beginn der Pandemie, hatten die Hagemanns für die letzten vier Jahre unter ihrer Regie noch einmal richtig investiert. Die acht Zimmer mit ihren 14 Betten wurden auf Vordermann gebracht und gestrichen, in eine neue Heizung, neue Betten, neue Wäsche und vielem mehr investiert. Auch die beiden Säle mit ihren 60 Plätzen erhielten einen Feinschliff. Wie Bückeburger Hotels mit der dritten Corona-Welle umgehen Notruf von Niedersachsens Gastronomen: „Wir sind kurz vor dem Absturz“ Dass Gastronomie und Hotellerie „unser Leben und Beruf ist“, wird im Verlauf des Gesprächs immer wieder mehr als deutlich. „Im Mittelpunkt stand und steht stets der Gast“, stellt Volker Hagemann fest. Ihn habe man wertgeschätzt, die Begegnung mit ihm. Gastronomie habe er aus seiner Sicht immer auch als Anbahner gesehen: „Dann läuft es.“ Der „Bückeburger Hof“ sei nie der berühmte Name in der Bückeburger Hotellerie gewesen, habe mit seinem „gut bürgerlich“ aber immer gut in der Mitte gestanden – von den Bückeburgern, aber auch internationalen Gästen geschätzt. Er sei einer der ersten in Schaumburg gewesen, der Bio-Küche und jede Woche eine neue Karte angeboten hat – mit Lebensmitteln aus der Region und direkt vom Erzeuger: „Dafür bin ich oft stundenlang unterwegs gewesen.“ Er sei schon „slow food“-Anhänger gewesen, als andere davon noch gar nichts gehört hatten, so Volker Hagemann. 60 Köche ausgebildet: Ausgebildet haben die Hagemanns auch immer: In besten Zeiten hatten sie bis zu sieben Auszubildende. Rund 60 Köche und Köchinnen sowie Restaurantfachleute lernten in dem Ausbildungsbetrieb der Industrie- und Handelskammer und erhielten dort ihre „gastronomische DNA und das gute Handwerk“. Die beiden unisono: „Wir als typisches Familienunternehmen sind stolz auf unser gutes Handwerk über Generationen. Wir sind dankbar für unseren privilegierten Standort in Bückeburg und hoffen, dass wir immer allen Gästen gerecht geworden sind.“ Vor fast 100 Jahren hatte die Geschichte des Bückeburger Hofs begonnen. Damals baute Gastwirt Günter Metz an der Ecke Steinberger Straße/Rintelner Straße den Bückeburger Hof. „Man wird sich bald sehr wohl darin fühlen und seine Schritte regelmäßig nach der gemütlichen Gaststätte lenken“, war 1930 nach der Eröffnung des Lokals mit Hotelbetrieb in der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung zu lesen. Die Prophezeiung war nicht aus der Luft gegriffen. Das Lokal zählte in den folgenden Jahrzehnten bis zuletzt zu den bekanntesten Bückeburger gastronomischen Adressen. Mein Bestreben wird sein, dem geehrten Publikum aus Bückeburg und Umgebung eine behagliche Rast zu bieten. Günter Metz , Gründer „Mein Bestreben wird sein, dem geehrten Publikum aus Bückeburg und Umgebung eine behagliche Rast zu bieten“, zielte Günter Metz 1930 bewusst auf die hiesige Einwohnerschaft. Nach dieser Devise führten auch die Generationen Hagemann ihr Gasthaus fort. Denn August Hagemann kaufte das Haus 1958 von Sophie Metz. Nach dem Krieg hatte das Lokal den Engländern mehrere Jahre als Offiziers-Casino gedient. Die gastronomische Nutzung lag darnieder, die ehemaligen Gasträume fanden sogar zeitweise als Kindergarten Verwendung. August und Marta Hagemann erweiterten den alten Kern durch einen Anbau mit Garagen und einem Festsaal. Die Übernachtungspreise der Bückeburger Hotels lagen 1960 zwischen 4,50 und 8 D-Mark. Hotelbereich 1963 ausgebaut: Die zweite Generation, Harry und Herta Hagemann, nahmen den Schwung auf und bauten ab 1963 den Hotelbereich aus. Familienfeiern und diverse Stammtische bildeten zunehmend einen neuen Schwerpunkt. Man eroberte sich seinen Platz unter den Kollegen vom „Casino“, „Berliner Hof“, „Deutsches Haus“, „Forsthaus Heinemeyer“, „Waldschlößchen“, „Jägermeister“, „Zur Falle“, „Brauhaus“, „Zur Sonne“, „Köritzer“, „Gilde Hof“ und „Haus Hubertus“. Dass der „Bückeburger Hof“ von einem bekannten Architekten gebaut worden ist, dürfte nur den wenigsten Bückeburgern bekannt sein. Zu dem behaglich-zeitlosen Ambiente trägt nicht zuletzt die Architektur des Hauses bei. Es wurde ganz gezielt und gekonnt in den Winkel zwischen Steinberger und Rintelner Straße eingepasst. Die solide und doch repräsentative Erscheinung kommt nicht von ungefähr. Als Architekt hatte der Bauherr Günter Metz damals Professor Emil Fahrenkamp aus Düsseldorf in die Residenzstadt geholt. Fahrenkamp gilt heute als einer der führenden Repräsentanten der Klassischen Moderne. Sein wohl bekanntester Bau ist das berühmte „Shell-Haus“ am Berliner Landwehrkanal, heute Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Die dort verwendeten, wellenförmigen Fassadenrundungen finden sich in Ansätzen auch am Verandaanbau seines Bückeburger Entwurfs wieder. Oder wie es Eva Hagemann lachend umreißt: „Fahrenkamp gilt als Erfinder der runden Ecke. Gucken Sie nur hin.“ Von Raimund Cremers