Üstra musste Betrieb einstellen: Bückeburger THW enteist die Stadtbahn-Gleise in Hannover

Immer wieder schlagen Julian Kröger und Adrian Fründt mit Spitzhacken in die Führungsrillen der Straßenbahnschienen und hauen das Eis, das sich darin gesammelt hat, kaputt. Ein paar Meter weiter schaufeln Horst Thiem und Maximilian Tänzer was das Zeug hält – die THW-Helfer räumen an einem Übergang Schneemassen von den Gleisen. Es ist ein Knochenjob – bei minus vier Grad Celsius schuften die Helfer des Technischen Hilfswerkes (THW) aus Bückeburg bis zum Umfallen. Gemeinsam mit weiteren Einsatzkräften aus dem Weserbergland kämpfen die Bückeburger gegen Schnee und Eis. Ihr Ziel: Den Verkehr der Stadtbahnen in Hannover wieder möglich machen. Mit mühsamer Handarbeit arbeitet sich das THW von Haltestelle zu Haltestelle: Mit Spitzhacken, Schaufeln und Besen arbeiten sich die THW-Helfer aus Bückeburg von Haltestelle zu Haltestelle vor. „Das ist harte Arbeit und geht ganz schön in den Rücken“, sagt der Bückeburger THW-Gruppenführer Julian Kröger. Erste Teilstrecken werden wieder in Betrieb genommen, einige Bahnen bleiben bis Montag im Depot Wintersturm „Tristan“ hatte zunächst Schneemassen auf die Gleise geweht, der strenge Frost mit zweistelligen Minusgraden dafür gesorgt, dass Asphalt- und Betonplatten zwischen den Gleisen gesprengt und nach oben gedrückt wurden. „Eine Gefahr für die Stadtbahnen. Wenn sie auf die hochstehenden Teile fahren, könnten sie entgleisen“, erklärt Gruppenführer Kröger. Aus diesem Grund musste die Üstra am Mittwoch den Verkehr einstellen – nichts ging mehr. Inzwischen sind alle zehn THW-Ortsverbände der Regionalstelle Hannover im Eis-Einsatz – darunter die „blauen Engel“ aus Bückeburg, Rinteln, Stadthagen und Hameln. Erst wenn das Eis weg ist, können die Üstra-Bautrupps Schäden erkennen: Per Funk bekommen die Helfer aus Bückeburg den Auftrag, die Schienen der Linie 4 freizuräumen. An Bahnübergängen, Fußgängerwegen und Haltestellen hat sich in den Rillen Eis gebildet. „Das Zeug muss raus. Erst dann können die Bautrupps der Üstra Schäden erkennen, begutachten, reparieren – und Testfahrten machen“, erklärt Fachberater Pierre Graser vom THW Hannover-Langenhagen. Ohne die Hilfe des THW wäre das nicht zu schaffen. „Es wird sehr viel Manpower benötigt. Die Üstra hat bereits alle eigenen Bautrupps und private Tiefbauunternehmen in den Einsatz geschickt. Das reicht aber nicht aus, deswegen helfen wir“, sagt Graser. Die Besatzung des Gerätekraftwagens „Heros Bückeburg 22/51“ erhält per Funk einen neuen Auftrag. Horst Thieme steuert den blauen Lastwagen zur Haltestelle am Stadtfriedhof im Stadtteil Stöcken. Dort sollen sie die Schienen der Stadtbahn von Eis und Schnee befreien. Was sich einfach anhört, ist harte Arbeit. Bagger und Radlader kommen nicht zwischen die Schienen: Stundenlang schuften die „blauen Engel“ in gebückter Haltung. Stück für Stück arbeiten sie sich in Richtung Garbsen vor. „Das ist Handarbeit – anders geht es nicht. Mit einem Bagger oder Radlader käme man nicht in die tiefen Rillen der Schienen hinein – und elektronische Anlagen neben den Gleisen könnten von den schweren Geräten beschädigt werden“, erklärt Fachberater Graser. An einigen Stellen stehen Bahnen blinkend auf freier Strecke. Sie seien vorsichtshalber gestoppt worden, um zu verhindern, dass sie entgleisen. Einige Hundert Meter weiter an einer anderen Haltestelle sind THW-Kräfte aus Rinteln und Stadthagen im Räumdienst. Es ist einer der größten Schneeeinsätze in der Geschichte des THW. „Dass alle Ortsverbände der THW-Regionalstelle Hannover gemeinsam im Einsatz sind, kommt nicht häufig vor“, erklärt der THW-Fachberater. Der Auftrag der Männer und Frauen ist einmalig. „Für so einen Einsatz sind wir noch nie angefordert worden“, sagt Graser. Üstra forscht derweil nach der Ursache für die massiven Schäden: Die Üstra kann sich die massiven und zahlreichen Schäden nicht erklären. Die Ursachen würden erforscht, heißt es. Erste Vermutungen der Üstra gehen davon aus, dass vor Einbruch des Winters der Untergrund durch Regenwasser gesättigt war. Durch extremen Frost könnten die Platten dann nach oben gedrückt worden sein. Ebenso sei es möglich, dass die Stadtbahnen beim Fahren Schnee unter die Anlagen gedrückt hätten und diese dadurch angehoben worden seien. Auch eine Kombination aus beiden Ursachen sei denkbar, hieß es. Bis zum frühen Abend sind die Helfer aus Bückeburg im Einsatz. Kaputt, aber glücklich fahren sie nach Hause. „Es ist toll, bei so einem großem Einsatz dabei zu sein und helfen zu können“, meint Kröger. Auch am Samstag sind die Helfer aus dem Weserbergland wieder in Hannover im Einsatz. von Leonhard Behmann Lesen Sie auch: Frau klaut den Schlitten einer Bad Nenndorfer Familie - Kameras zeichnen die Tat auf