Wie steht die Schaumburg-Lippische Landeskirche zu Herder?

Was verbinden Sie persönlich mit dem Werk und dem Wirken Herders? Aufgeklärte Vernunft, gelebte Humanität und die Religion sind für Herder die Grundlagen, auf denen die Persönlichkeit des Menschen wachsen und reifen kann, aber auch Grundlage für das Zusammenleben in einer Gesellschaft. Die Religion ist dabei für Herder deshalb die Krone der Bildungsgeschichte des Menschen, weil sie auch noch unter dem härtesten „Joch der Diktatur“ den Unterdrückten und den Leidenden allein tröstet und ihn dazu in die Lage versetzt, für die Freiheit einzustehen und zu kämpfen. Mehr zum Thema: Leben und Wirken des Namensgebers der Herder-Schule Für Herder gehörte die Kirche übrigens mitten in die Gesellschaft hinein und nicht in ein Getto. Für mich persönlich ist es wichtig, diesen Anspruch in unserer Zeit neu einzulösen. Insofern ist mit Herders Wirken in Bückeburg ein bleibender Anspruch an die Kirche und Gesellschaft verbunden. Wir haben zwar nur das Herderhaus, wo jetzt die Diakonie arbeitet, und das Denkmal – aber die bleibende Erinnerung an ihn, seine Schriften und sein Wirken haben auch wir Bückeburger. Früher gab es die „Bückeburger Gespräche“ über Herder, prominent besetzt und inhaltlich profiliert. Wäre Ähnliches heute noch sinnvoll? In der Tat sind die „Bückeburger Gespräche“, die bis vor etwa 30 Jahren in Bückeburg auch auf Initiative der Landeskirche stattgefunden haben, ein großes Vermächtnis. Wir haben im Jahre 2015, im Jubiläumsjahr der Stadtkirche, Hans Joas, einen der großen Herder-Kenner der Gegenwart, zu einem Vortrag eingeladen. Dazu war die Kirche auch gut gefüllt. Er sprach über die große Weite im Verständnis der christlichen Religion und ihre kulturprägende Kraft – ganz im Sinne Herders. Die Bückeburger Gespräche waren zur Zeit von Landesbischof Heubach an ein gewisses Ende gekommen. Wir sind aber dabei, neue Formate zu bilden, die auch die Bedeutung Herders wieder aufnehmen. Namhafte Mitglieder der Partei „Alternative für Deutschland“ haben in Bonn eine Stiftung ins Leben gerufen, die Herders Namen trägt. Einzelne Autoren beziehen sich in dem Sammelband „Rechte Christen“ auch auf Herders Begriff des Volkes und der Nation. Wie stehen Sie zu dieser Sicht? Herder hat Volkslieder gesammelt, Herder hat auch bisweilen den Nationalstaat als den natürlichen Staat bezeichnet. Daraus aber abzuleiten, dass er für gegenwärtige Forderungen nach der Rückkehr zu einem sehr eng verstandenen Nationalstolz herangezogen werden kann, halte ich für abwegig. Einzelne Sätze aus dem Werk Herders herauszugreifen und für diese oder jene abwegigen Ziele heute nutzbar machen zu wollen, verbietet sich. Das hat auch keinen Bestand. Denn Herder wollte den Nationalstaat nicht isoliert verstanden wissen. Der Nationalstaat ist für Herder auf die Völkergemeinschaft bezogen, weil die zum Menschen wesentlich gehörende Suche nach der Wahrheit von den Angehörigen aller Nationen gleichermaßen vollzogen wird. von Volkmar Heuer-Strathmann

Landesbischof im Gespräch - Wie steht die Schaumburg-Lippische Landeskirche zu Herder?