Bahntrasse durch Schaumburg: ICE-Strecken doch schon lange geplant

Auf der Internetseite zum Projekt hat die DB Netz AG nun zahlreiche Dokumente zu den im November bekannt gewordenen fünf Varianten aus dem sogenannten Schüßler-Plan veröffentlicht. Das gleichnamige Ingenieurbüro hatte darin im Auftrag des Ministeriums die prinzipielle Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit eines solchen Schienen-Neubaus untersucht. Aus den Unterlagen geht hervor: Das Bundesverkehrsministerium verfügte – zum Teil seit Jahren – über genaue Pläne, aus denen nicht nur die Verläufe der fünf Trassen-Varianten hervorgehen, sondern auch exakte Tunnellagen und Brückenkonstruktionen. Auftakt des Bürgerdialogs zur ICE-Strecke: Mehrheit der 2800 Teilnehmer spricht sich für Trassen-Ausbau aus Bürgerdialog zu neuer ICE-Trasse: Region beharrt auf Ausbau der vorhandenen Strecke Große Augen könnten Bürger zwischen Bückeburg und Stadthagen bei der Variante 5, der sogenannten „Idaturm-Trasse“ bekommen: Diesem Entwurf gemäß würden im Zuge der ICE-Neubaustrecke gleich sieben Tunnel durch ihre Region gehen, bevor die Strecke im sieben Kilometer langen Tunnel unter dem Harrl und dem Wesergebirge verschwindet. Diese Tunnel lägen bei Enzen, bei Hobbensen, zweimal bei Kirchhorsten, bei Südhorsten, bei Tallensen und einmal unter dem Bundeswehrflugplatz Achum. Ministerium hat konkrete Pläne lange dementiert: „Auf vielfachen Wunsch“ würden diese Unterlagen nun veröffentlicht, schreibt die Bahn dazu auf ihrer Internetseite und betont, es handele sich um „technisch plausible Entwürfe“, die nur der Kostenkalkulation dienten und die Frage nach „der grundsätzlichen Machbarkeit eines Vorhabens“ beantworten sollten. Für den weiteren Planungsprozess verfügten diese Pläne über „keinerlei Verbindlichkeit“, sie stellten auch keine Festlegungen mit Blick auf den jetzt gestarteten Planungsprozess der DB Netz AG dar. Inhaltlich bieten die Dokumente aus Sicht der Regionen Schaumburg und OWL zwar Überraschendes, brisant sind jedoch ihre Existenz an sich sowie der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Vertreter des Bundesverkehrsministeriums hatten stets bestritten, über derartige Detailpläne zu verfügen. Beispielsweise schrieb die Pressestelle des Bundesverkehrsministeriums auf eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung im November 2018, „eine konkrete Planung für die technische Umsetzung der Ausbaumaßnahmen“ liege nicht vor. Zehn Kilometer langer Tunnel zwischen Apelern und Rehren: Tatsächlich tragen aber beispielsweise die Dokumente zur Variante 1 aus dem Schüßler-Plan (die Route durch die Bückeburger Niederung, mit Tunneln unter Evesen und durch den Jakobsberg) das Veröffentlichungsdatum 26. August 2015. Ähnlich sah die Informationspolitik des Scheuer-Ministeriums gegenüber hiesigen Bundestagsabgeordneten und Kommunalvertretern aus: Bislang gebe es nur „indikative Korridorbetrachtungen“, hieß es in einem Schreiben an die Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers (SPD) vom 15. Juni 2020. Tatsächlich aber lag die konkrete Ausgestaltung der Variante 2 durch das Auetal inklusive metergenauer Beschreibung von Brücken und Tunneln – unter anderem einem etwa zehn Kilometer langen Tunnel zwischen Apelern und Rehren – dem Bundesverkehrsministerium seit dem 25. März 2019 vor. Landrat Farr spricht von „Schlag ins Gesicht der Region“: Entsprechend kritisch äußerten sich die Politiker zu der jetzt erfolgten Veröffentlichung. Landrat Jörg Farr bezeichnete die Veröffentlichung als „unglaublich“. Es sei ein „Schlag ins Gesicht der Region“, dass das Bundesverkehrsministerium derartig detaillierte Planungen immer verneint habe. Noch beim gemeinsamen Besuch mit zahlreichen Schaumburger Bürgermeistern im Bundesverkehrsministerium 2019 habe der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) das Vorliegen solcher Planungen ausdrücklich verneint. Es werde zu klären sein, weshalb das Bundesverkehrsministerium, insbesondere Ferlemann, „der Bevölkerung und uns Abgeordneten diese Dokumente so lange vorenthalten hat“, teilte Völlers gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch mit. Aus Sicht der OWL-Abgeordneten Achim Post und Stefan Schwartze gilt es als fraglich, „ob die Bahn wirklich, wie sie mehrfach behauptet hat, bei der Planung ganz von vorn anfängt“. von Johannes Pietsch