Coronavirus: Vorwürfe gegen Landkreis Schaumburg und Kassenärztliche Vereinigung

Es sei ein altbekanntes Spiel, die Kompetenzen in den niedergelassenen Bereich zu schieben, ärgert sich Dr. Andreas Schulz aus Bückeburg. Ebenso wie über das Merkblatt für den Bereitschaftsdienst von der KVN, das diese Woche in die Gemeinschaftspraxis flatterte. Auf vier Seiten – zwei davon vom Robert-Koch-Institut kopiert – werden den Allgemeinmedizinern Handlungsempfehlungen mit auf den Weg gegeben, die Schulz für einen schlechten Scherz hält. Den ganzen gestrigen Tag versuchte er einen Zuständigen bei der Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) für einige Rückfragen zu erreichen – ohne Erfolg. So sollen die Ärzte die erforderlichen Hygienemaßnahmen treffen, „aber wir haben doch alle das gleiche Problem, dass es keine Schutzkleidung und Atemschutzmasken mehr auf dem Markt gibt“. Selbst bei Einmalhandschuhen werde es eng. Die Ärzte sollen zudem ihre eigenen Tupfer mitbringen, weil diese nicht zur Verfügung gestellt werden können. „Wir sehen, dass hier einiges im Argen liegt.“ Ob dies an einer inkompetenten Bevorratung liege, lasse er mal dahingestellt. Coronavirus: Erste Infektion im Kreis Lippe bestätigt Ein Kollege erzählt indes, dass er bereits Mitte Januar von seinem üblichen Lieferanten keine Schutzkleidung oder Atemmasken mehr bekommen habe. Angeblich, weil alles für den Export nach China gedacht sei. Der Lieferant widerspricht, diese Aussage getätigt zu haben. Er habe sich daraufhin im Baumarkt noch selbst mit 20 Anzügen und 20 Masken ausstatten können. Damit komme er jedoch nicht weit, da sie nur einmal benutzt werden dürften. Als er sich an die KVN gewandt habe, sei er ans Gesundheitsamt verwiesen worden. Dort sei ihm wiederum gesagt worden, die KVN sei zuständig. „Wir müssen uns die Informationen rudimentär aus dem Internet suchen. Der Landkreis handelt hier groß fahrlässig, das ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Personal muss geschützt werden: Dem Hausarzt macht vor allem eins Sorge: „Wenn wir uns unser Personal nicht schützen können, laufen wir Gefahr, unter Quarantäne gestellt zu werden. Und dann können wir auch unsere schwerkranken Patienten nicht mehr betreuen.“ Denn früher oder später werde es auch den ersten Fall in Schaumburg geben. Es sei „skandalös“, dass es keine Reserven für die Primärversorgung von Haus- und Kinderärzten gebe. Bisher habe es in seiner Praxis noch keinen Fall gegeben, in dem tatsächlich der Verdacht auf den Coronavirus so hoch gewesen wäre, dass ein Test für nötig befunden wurde. Dennoch habe sich die Ärztegemeinschaft nun darauf verständigt, eine eigene Sprechstunde für Patienten mit Atemwegs-Symptomen zu implementieren. Tatsächlich scheinen die Verantwortlichen im Gesundheitsamt ratlos. „Wir befinden uns im Gespräch mit der KVN“, ist von Leiter Dr. Jörg Fedderke zu erfahren. Eine Ahnung, welche Ärzte in Schaumburg überhaupt noch in der Lage seien, einen Test auf den Corona-Erreger durchzuführen, habe er nicht. Der Kreis führe keine Liste. Erkrankte werden an ein Labor in Hameln verwiesen. Die Erkrankte in Lippe hatte sich nach Angaben der „Neuen Westfälischen“ nach einem Skiurlaub in Südtirol unwohl gefühlt und sei nicht zur Arbeit gegangen. Später habe sie sich mit Erkältungssymptomen untersuchen lassen. Die Frau befindet sich in häuslicher Quarantäne, die vom Gesundheitsamt Lippe am Mittwochabend angeordnet wurde. Die Kontaktpersonen der Frau seien ermittelt und ebenfalls unter Quarantäne gestellt worden. von Mira Colic Forscher in Göttingen: So könnte Corona behandelt werden Erste Firma in Hannover übt Corona-Evakuierung

Ärzte allein gelassen - Coronavirus: Vorwürfe gegen Landkreis Schaumburg und Kassenärztliche Vereinigung