Neubauwohnungen in Schaumburg für viele Mieter zu teuer

Maklerin Inge Spielberg aus Bad Münder, die auch auf dem Schaumburger Markt aktiv ist, sagt: „Die Nachfrage ist vorhanden.“ Leute lebten gern auf dem Land, Kinder fühlten sich dort wohler. Bauplätze im Landkreis seien schnell verkauft. Dennoch heißt es in der Studie: Von 323 in Schaumburg entstandenen Wohneinheiten würden nur 170 gebraucht. Wie diese Zahlen zustande kommen, erklärt Ralph Henger vom IW. Der Ökonom ist Autor der Studie. „Die Anzahl der entstandenen Wohneinheiten entstammt amtlichen Statistiken“, erklärt der Volkswirt. Gezählt wurden die Jahre 2016 bis 2018. Wohneinheit ist ein rechtlicher Begriff und bezeichnet sowohl zum Beispiel ein Einfamilienhaus als auch eine Wohnung in einer Mietskaserne. Die Zahl der Einheiten glich Forscher Henger mit dem Bedarf von Ende 2015 bis Ende 2020 ab. Seine Schätzung fußt unter anderem auf der voraussichtlichen Bevölkerungsentwicklung, Leerständen und den Wünschen von Wohnungssuchenden. Aber wenn es wirklich eine Überversorgung gäbe, sagt Jürgen Buhr von Oberschür Immobilien in Nienstädt, dann wären „die neuen Wohnanlagen im Landkreis nicht schon vermietet, bevor überhaupt der Grundstein gelegt ist“. Das Problem sei ein anderes. „Nichts für normale Leute“: Die Boomzone Bückeburg und die Neubauten in Stadthagen: Vieles davon sei „nichts für normale Leute“. Die maximale Kaltmiete pro Quadratmeter dürfe 6,50 Euro betragen, wenn die Wohnung erschwinglich sein soll. „In Stadthagen ist man teilweise schon über zehn Euro“, sagt Buhr. „Von Bad Nenndorf fange ich gar nicht erst an.“ Die Kurstadt gilt als Rückzugsort für wohlsituierte Ältere. Buhr sieht einen Konflikt heraufziehen: „Wo sollen die Leute hin?“ Lokale Politik könne passendes Bauland ausweisen, aber am entscheidenden Hebel sitze Berlin. Eine Mietpreisbremse und Zwangsenteignungen hält Buhr für „Blödsinn“. Stattdessen müsste Investoren der Markt für erschwingliches Wohnen schmackhaft gemacht werden, was Buhr zufolge am ehesten über steuerliche Vergünstigungen ginge. Achim Lüders hält den Quadratmeterpreis von 6,50 Euro für veraltet. 7,50 Euro bis acht Euro müssten mindestens sein, um einem Investor eine „annehmbare Rendite“ zu bieten, sagt der Leiter der Immobilienvermittlung bei der Sparkasse Schaumburg. Immerhin gehe es inzwischen auch um andere Baukosten. 35 Prozent mehr Fläche: Vor fünf Jahren sei man vielleicht mit 2000 Euro pro Quadratmeter hingekommen. „Heute liegt man bestimmt 35 Prozent darüber“, sagt Lüders. „Man ist dann nicht mehr unbedingt in dem, was sich jeder leisten könnte.“ Die meisten Nachfragen bekommt Daniel Sebening vom gleichnamigen Maklerbüro von älteren Leuten, die aus ihren zu groß gewordenen Häusern auf dem Dorfe am liebsten in eine Erdgeschosswohnung in die Rintelner Innenstadt ziehen würden – oder in ein Haus mit Fahrstuhl, wie sie aber im ländlichen Raum eher selten zu finden sind. Das von der IW-Studie festgestellte Überangebot sieht auch Sebening in Schaumburg nicht. Aber auch er erklärt: „Was gebaut wird, ist häufig zu teuer.“ In Bad Nenndorf treibe die Nähe zu Hannover den Preis zusätzlich hoch. Sozialer Bau fehle. So gesehen gebe es also nicht zu viele Wohnung in Schaumburg, sondern zu wenige, sagt Sebening. Die entscheidene Frage sei, wer sucht. Von Jan-Christoph Prüfer

IW-Studie - Neubauwohnungen in Schaumburg für viele Mieter zu teuer