Rückblick: Ein Jahr Corona im Landkreis Schaumburg

„Ein Mann aus Rinteln ist am Coronavirus erkrankt. Damit hat der Landkreis Schaumburg die erste nachgewiesene Corona-Infektion. Der betroffene Mann befindet sich in häuslicher Quarantäne. Er hat Erkältungssymptome, ist aber in einem guten Zustand.“ Das, was Landrat Jörg Farr mit ernster Miene während einer Pressekonferenz am 11. März 2020 mitteilt, ist Auftakt des mittlerweile 365-tägigen Ausnahmezustands im Schaumburger Land. Die Corona-Pandemie löst tiefgreifende Veränderungen des öffentlichen Lebens aus, stellt das Privatleben der Schaumburger auf den Kopf und ist ein bis heute währender Kraftakt. Landkreis gründet Krisenstab: Am Donnerstag jährt sich der erste Infektionsfall in Schaumburg. Der Mann, ein Familienvater aus Rinteln, hatte sich im Urlaub in Tirol angesteckt. Da seine Kinder das Gymnasium Ernestinum besuchen, ordnet die Kreisverwaltung vorsorglich die Schließung der Schule an – wenige Tage, bevor landesweit an allen Schulen der Unterricht ausfällt und Kindertagesstätten geschlossen werden: Lockdown. Das Leben wird heruntergefahren, der Landkreis schaltet in den Krisenmodus und gründet den Corona-Krisenstab. „Im letzten Jahr standen wir vor immer wieder neuen Herausforderungen: Die Arbeitsstrukturen mussten ständig erweitert und ausgebaut werden. Die Mitglieder des Stabes erfüllten dabei ihre Funktion oft zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben. Kolleginnen und Kollegen unterstützten ämterübergreifend, auch an den Wochenenden und oft bis spät in die Abendstunden“, erinnert sich Farr an das Frühjahr 2020. 35 Arztpraxen in Schaumburg wollen kostenlosen Schnelltest anbieten Pflegeheime in Schaumburg: Hohe Impfquote - Kaum Lockerungen Polizei Stadthagen verzeichnet über 100 Corona-Einsätze in einem Jahr - Hot-Spot McDonald's Parkplatz Das Gremium, zu dem auch Experten des Deutschen Roten Kreuzes, der Polizei und Feuerwehr sowie des Gesundheitssystems gehören, trifft sich Mitte März 2020 täglich, um die Pandemie-Lage zu bewerten und die sich immer wieder verändernden Vorgaben von Land und Bund ganz praktisch umzusetzen. Das Testzentrum in Obernkirchen wird aus dem Boden gestampft, die Infektpraxis in Stadthagen wird eingerichtet. Auch der Alltag steht Kopf. Restaurants und Kneipen sind dicht, die Kulturlandschaft liegt plötzlich brach, Großveranstaltungen wie die Regionalschau und die Schützenfeste werden abgeblasen. 46 Corona-Tote: Die Meldung über die ersten beiden Corona-Todesfälle kommt im April. Eines der Opfer stirbt im Klinikum in Vehlen, ein weiterer Schaumburger erliegt außerhalb des Landkreises den Folgen der Virus-Erkrankung. Bis heute sind insgesamt 46 Menschen aus Schaumburg in Zusammenhang mit Sars-CoV-2 gestorben. Mit den ersten vorsichtigen Lockerungen, der generellen Maskenpflicht und den erfolgreichen Tests mit Impfstoffen am Menschen beginnt im Sommer eine Zeit der Entspannung. Doch die Hoffnung auf ein Ende der Krise verblasst spätestens mit dem Beginn der zweiten Infektionswelle Ende Juli. Plötzlich gilt auch das Schaumburger Land als „Risikogebiet“. Hilfen fließen langsam: Die Folge: Der – vorerst – vierwöchige Teil-Lockdown. Nachdem sich Gastronomie, Fitnessstudios, Kinos und Handel gerade erst mit den Hygienevorgaben arrangiert haben, müssen sie erneut schließen. Und die vom Bund versprochenen Finanzhilfen fließen nur langsam. Aus 40 Infektionen pro Woche in der ersten Welle werden 40 Infektionen pro Tag. Das Gesundheitsamt arbeitet spätestens seit November an der Belastungsgrenze. Die Bundeswehr und das Finanzamt springen ein und stellen Mitarbeiter für die Kontaktverfolgung ab, auch Freiwillige von DRK und DLRG helfen bei mehr als 800 Telefonaten am Tag. 60 Kräfte im Kontaktnachverfolgungs-Team: Heute besteht allein das Kontaktnachverfolgungs-Team aus 60 Personen. Viele Institutionen sind am Kampf gegen die Pandemie beteiligt. Immer wieder müssen neue Verordnungen von Bund und Land umgesetzt werden. Wichtigste Nachricht in dieser Zeit: Das DRK organisiert den Aufbau des Schaumburger Impfzentrums in der Festhalle Stadthagen. Doch auch die Rückschläge mehren sich. Aus dem Lockdown light wird ein harter Lockdown mit immer wieder neuen Verlängerungen und die Lieferung der Corona-Impfstoffe verzögert sich. Statt noch wie angekündigt im Dezember startet die Schaumburger Impfkampagne am 4. Januar. Erste Impfung in Lindhorst: Die 85-jährige Sigrid Fischer, Bewohnerin des Seniorenheimes Gümmerscher Hof in Lindhorst, ist die erste Schaumburgerin, die das schützende Vakzin erhält. Bis Ende Februar haben die mobilen Teams des DRK dann alle Bewohner der 44 Altenheime im Kreis geimpft. Mitte Februar kann auch endlich im Impfzentrum damit begonnen werden, die über 80-Jährigen zu immunisieren. Und auch andere Bevölkerungsgruppen rücken in der Impfreihenfolge auf: eine Herausforderung für das DRK, das die Termine selbst verwalten muss und noch das Testzentrum betreut. Für Schaumburg zeigt sich, dass das Impfzentrum gut und effektiv aufgestellt ist. Hier bleibt kein Impfstoff liegen. Andrea Stüdemann , Kreisdezernentin „Für Schaumburg zeigt sich, dass das Impfzentrum gut und effektiv aufgestellt ist. Hier bleibt kein Impfstoff liegen“, betont Dezernentin Andrea Stüdemann. Auch Landrat Jörg Farr setzt auf die Impfung zur nachhaltigen Pandemie-Bekämpfung. „Die nächsten Monate werden uns allen noch viel Disziplin abverlangen, um die Hygieneregeln einzuhalten. Es zeigt sich aber schon jetzt, dass die Impfbereitschaft gut ist, sodass wir in diesem Jahr die Pandemie überwinden können – immer vorausgesetzt, die Impfstofflieferungen werden gesteigert.“ Von Luisa Wellenbrock und Katharina Grimpe